Für viele ist der Sommer die Zeit, in der sie endlich mal abschalten können. Sie fahren in den Urlaub und genießen es, sich einfach mal an den Strand zu legen oder in der Hängematte zu schwingen. Einfach Nichtstun ist die Devise, die viele vom Stress der ersten Jahreshälfte wieder runterholt.
Kaum zurück auf der Arbeit vergessen die meisten diese Devise allerdings und jagen von einem Stresshoch zum nächsten. Keine Woche nach dem Urlaub ist all die Entspannung bereits wie weggeblasen. Aber das muss nicht sein, solange wir am italienischen Credo La Dolce fare niente, also dem süßen Nichtstun, festhalten. Wir zeigen dir, wie du auch in deinem Alltag Momente einbauen kannst, in denen du einfach mal nichts tust und warum du davon profitieren wirst.
Alles zum Thema süßes Nichtstun auf einen Blick:

Nichtstun bedeutet wirklich nichts zu tun
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Entspannung in den Alltag einzubauen: 10-Minuten-Meditationen, Pilates Übungen, Hatha Yoga-Einheiten oder auch das Mindful Running. Allesamt haben sie ihre Daseinsberechtigung, allesamt sind sie allerdings auch damit verbunden, etwas zu tun, um herunterzukommen. Zudem werden sie von vielen allein praktiziert, um danach produktiver weiterarbeiten zu können.
Hauptsache kein Stillstand: Viele dieser Entspannungsübungen verkommen gar dem Zweck der Selbstoptimierung. Statt uns Stress zu nehmen, stressen sie uns dann manchmal sogar noch mehr. Nicht so das süße Nichtstun, das wir uns von den Italiener:innen abgucken können und das schon der Maler John William Waterhouse in seinen Gemälden mit dem immer gleichen Titel La Dolce fare niente im 19. Jahrhundert propagierte.
Darauf zu sehen? Frauen, die mit ihrem Pfauenfächer lässig auf dem Sofa oder auf dem Tigerfell liegen. Mehr tun sie nicht, sie liegen einfach da. Natürlich ohne Smartphone, das den meisten heute an den Fingern zu kleben scheint. Und Netflix haben die guten Frauen ebenso wenig. Sie wissen, dass es in manchen Momenten nichts braucht, als nur sie und ihre Gedanken.

Nichtstun ist gar nicht so leicht
Wir erwarten jetzt keineswegs, dass du es den Frauen auf den Kunstwerken von Waterhouse direkt gleich tun möchtest. Schon gar nicht, seitdem wir die Studie des US-Psychologen Timothy Wilson von der Universität of Virginia kennen: In einer Untersuchung wurden Proband:innen in einen schlichten Raum gesetzt und sollten dort 15 Minuten verharren. Neben ihnen stand ein Gerät, mit dem sie sich Elektroschocks versetzen konnten.
Die Proband:innen durften weder schlafen noch herumlaufen. Aber elektroschocken durften sie sich. Absurd, das würde doch keiner tun, denkst du dir? Jeder dritte männliche Proband und jede vierte Frau versetzte sich lieber freiwillig Elektroschocks, als weiter in ihrer Langeweile zu darben.
Langeweile können viele schlicht nicht aushalten. Denn der Entdeckergeist und die Neugierde stecken uns in den Knochen. Zudem setzen neue Reize das Glückshormon Dopamin frei, wohingegen Langeweile eher melancholisch oder trübsinnig stimmt.
Obendrein ist Langeweile und das Nichtstun gesellschaftlich verpönt, immerhin entsteht der Verdacht der Faulheit, wenn jemand beispielsweise nur in den Himmel starrt. Nun, niemand hat gesagt, dass Nichtstun einfach wäre. Wie viele Dinge im Leben, muss Nichtstun zunächst erlernt werden.

Darum solltest du öfter mal nichts tun
Nichtstun fühlt sich an, als würden wir Lebenszeit vergeuden. Dabei gewinnen wir mit diesem Hobby eher etwas dazu, als zu verlieren. Zum einen gewinnen wir Zeit mit uns: Zwar sind wir oft allein, aber wie oft müssen wir uns mit unseren Gedanken auseinandersetzen? Podcasts, Serien, Musik und Bücher bieten uns stets Ablenkung und Unterhaltung.
Zum anderen fördert das Nichtstun unsere Kreativität und, so absurd es klingt, auch unsere Produktivität – wenngleich das nicht unsere Motivation für das Nichtstun sein sollte. Außerdem meinen Forscher:innen, dass das süße Nichtstun lauter gesundheitliche Vorteile hat: Es verlangsamt die Aktivität der Gehirnwellen, senkt den Blutdruck, fördert die Durchblutung, reduziert Stress, eicht das Energielevel des Körpers und stärkt das Immunsystem.

Wie man das süße Nichtstun lernt
Ab und an Nichtstun in den Alltag einzubauen, kann wahre Wunder bewirken – jedenfalls dann, wenn man es richtig angeht:
1. Raum finden
Suche dir einen Ort, an dem du ungestört bist und an dem du dich wohlfühlst: Sei es im Wald, am Wasser oder auf dem heimischen Sofa. Mache es dir bequem und entspanne dich.
2. Atme bewusst
Wie bei den meisten Entspannungsübungen ist das bewusste und richtige Atmen die Grundvoraussetzung, um runterzukommen. Achte auch beim Nichtstun darauf, tief durch die Nase einzuatmen und langsam durch den Mund auszuatmen.
3. Spüre dich
Dafür musst du nicht spirituell in dich hineinspüren, beobachte und fühle einfach deiner Atmung nach. Lege beispielsweise deine Hände auf deinen Bauch und spüre, wie sie sich auf und ab bewegen.

4. Ablenkung ausschalten
Habe weder dein Smartphone noch deine Fernbedienung griffbereit, um der Langeweile zu entkommen. Lasse dich stattdessen auf Gedankenspiele mit dir ein.
5. Aufhören, wenn es am schönsten ist
Nichtstun ist keine Sache von Stunden, vor allem nicht, wenn du blutige Anfängerin auf dem Gebiet bist. Schon läppische 15 Minuten können helfen, dass du gestärkt aus deinem La dolce fare niente Erlebnis hervorgehst!
Nichtstun gehört in jeden Wochenplan
Wer sich im Nichtstun üben möchte, muss zunächst mal die Stimme im Kopf ausschalten, die stets Höchstleistungen verlangt. Meist stehen uns die eigenen Ansprüche im Weg. Doch ab und an Stillstand in den Alltag einzubauen, hat nur Vorteile! Einfach mal ausprobieren, weil das Leben mehr ist als nur Müßiggang.
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