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Apfelkuchen ist rassistisch: Warum Apple Pie als grausam gilt

Fast niemand kennt die blutige & traurige Geschichte des amerikanischen Apple Pies. Wir klären auf, was hinter dem Apfelkuchen steckt.

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Ist Apfelkuchen rassistisch? Foto: Gettyimages / Catherine Falls Commercial

Apfelkuchen ist eigentlich ein rassistisches Gericht und hat „blutige Wurzeln“, so schreibt es der Autor Raj Patel. Er hatte in einem Artikel im Guardian aus dem Jahr 2021 erklärt, dass der US-amerikanische Lieblingsnachtisch mit dem Genozid von amerikanischen Ureinwohnern verbunden wird. In diesem Artikel wollen wir das Argument von Patel aufgreifen und erklären, woher diese Denkweise kommt.

Apple Pie: Ist das die USA?

Die USA gibt es erst seit wenigen Jahrhunderten. Im 16ten Jahrhundert segelten die damaligen Europäer:innen gen Westen und fanden dort das Land, das heute als Die Vereinigten Staaten von Amerika bekannt ist. Der Name und das damit einhergehende Amerikanische Lebensgefühl entstanden erst im späten 17ten Jahrhundert. Unter anderem durch den „Entdecker“ und Kolonialisierer Christoph Columbus. „Entdecker“ stellen wir hier in Anführungszeichen, da weder Columbus, noch seine Spießgesellen, das heute bekannte „Amerika“ entdeckten. Hier lebten bereits vor ihnen Menschen.

Die USA ist heute aber nicht mehr vorrangig für seine Kolonialgeschichte bekannt. Die USA begannen sich im 20ten Jahrhundert vor allem für die Attribute Freiheit, unbegrenzte Möglichkeiten und überbordenden Kapitalismus zu qualifizieren. Raj Patel macht in seinem Artikel vor allem auf die amerikanische Symbolik aufmerksam, die in einer Kollektion gesammelt wurde. Unter anderem sind hier die Freiheitsstatue, der Superbowl und auch der Apple Pie abgebildet. All das seien Symbole, die für den Lebensstil in den USA ständen. Doch was steht eigentlich dahinter? Die Freiheitsstatue steht für – was sonst – Freiheit. Der Superbowl, das Finale des American Football, ist in der ganzen Welt als eine Megashow bekannt. Der Apple Pie steht für Tradition und Gemütlichkeit. Ja, auch ein so „junges“ Land wie die USA hat Traditionen.

Was sollte falsch daran sein, dass die US-Amerikaner:innen ihren Apple Pie so sehr lieben? Das erklärt Raj Patel in seinem Artikel. Seiner Meinung nach konnte der Apfelkuchen nur deshalb ein Symbolder USA werden, weil er durch Rassismus und Gewalt entstand.

Rassistisch? Raj Patel über den Apple Pie in den USA

Um die blutige Geschichte des Apple Pie zu verstehen, muss man sich mit der Eroberung der USA durch die Brit:innen auseinandersetzen. Brit:innen siedelten im Jahr 1607 in die USA über und setzten dort Kolonien auf. Für die Ureinwohner hieß die teilweise Versklavung und Gewalt, während es für die Kolonialisten „mehr Zivilisation“ hieß.

In dem Artikel, der in The Guardian veröffentlicht wurde, beschrieb Patel, warum der Apple Pie gecancelt werden solle: Die Kolonialherren ritten ein und pflanzten unter anderem Apfelbäume als Marker der Zivilisation. Dass sie damit Kulturen zerstörten, war ihnen herzlich egal. Tatsächlich sollen Apfelbäume damals genutzt worden sein, um das Eigentum von fremdem Land abzugrenzen, so Patel.

Patel argumentiert weiterhin, dass keine der Zutaten des Kuchens wirklich „US-amerikanisch“ sind. Äpfel wurden ursprünglich über die Seidenstraße aus Zentralasien eingeführt und domestiziert.

Der Zucker innerhalb des Apple Pies bringt Patel ebenfalls zum Verzweifeln. Die berühmte Zuckerkruste um den Apple Pie ist seiner Meinung nach keinesfalls so harmlos, wie man vermuten könnte. Der Grund ist, dass Zuckerrohr das erste Mal im Jahr 1751 in die USA von Jesuiten eingeführt wurde. Innerhalb von 50 Jahren entwickelte die USA sich zu einem der größten Zuckerproduzenten der Welt und stellte gut ein Viertel des weltweit gebrauchten Zuckers her. Dafür nutzten sie allerdings die Arbeitskraft, die sie durch Kolonialisierung erzwungen. Sklavenhandel und unmenschlich harte Sklavenarbeit waren damals der einzige Grund, warum die USA weltweit so boomen konnten.

Auch das Tischtuch, auf dem ein Apple Pie normalerweise serviert wird, ist laut Patel ein Erzeugnis von Sklavenarbeit. Das bekannte Karo-Muster (Englisch: gingham) der Tischtücher stammt ursprünglich aus Südostasien (Auf Malayisch heißt es: geggang). Erstz als die Kolonialherren das Muster und den Baumwollstoff im 18ten Jahrhundert in die USA brachten, konnte das Tischtuch Teil der Tradition werden.

Apple Pie: Mehr USA geht nicht

Eine berühmte Phrase besagt ‘as American as apple pie’, jemand ist „so amerikanisch wie Apfelkuchen“. Heute noch hat dieser köstliche Kuchen also tief verwurzelte Traditionen in den USA. Raj Patel macht mit seinem Text darauf aufmerksam, dass dieser Kuchen jedoch nicht nur eine schöne Tradition ist. Nimmt man seine Zutaten einzeln unter die Lupe, kommt ein anderes Bild zum Vorschein: ein Bild, das die USA als ein Land mit einer langen Tradition des Sklavenhandels und der Kolonialisierung enttarnt.

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Apple Pie ist eigentlich ein rassistisches Gericht. Foto: Portland Press Herald / Kontributor

Rassismus hat heute viele Gesichter

Ist es eine neue Information? Nein, es ist weltweit bekannt, dass die USA, wie viele andere Länder ihren Reichtum auf dem Rücken von Schwarzen und PoC einheimsen konnten. Gewalt und unrechtmäßige Machtübernahmen machten unsere Welt zu dem, die sie heute ist. Somit hat Raj Patel mit seinem Pamphlet gegen den Apple Pie niemandem etwas wirklich Neues berichtet. Was er aber getan hat, ist es, auf die Missstände aufmerksam zu machen, die die Geschichte der USA mit sich bringt. Wichtig ist ihm und vielen weiteren Aktivist:innen, dass die Geschichten der amerikanischen Ureinwohner, die der Versklavten und die der Arbeitenden nicht verloren gehen oder in Vergessenheit geraten.

Viele vermeintlich harmlose Dinge wie ein Apfelkuchen werden so auf einmal viel weniger harmlos. Sie werden unbequem. Und das ist gut so.

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