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Nein sagen: 7 Schritte, wie du es endlich lernst

Du sagst zu allem Ja und Amen? Zeit, das Nein-sagen zu lernen. Wenn du nicht Nein sagen kannst, gefährdest du deine mentale Gesundheit!

Frau tanzt
Nein sagen ist nicht in allen Situationen leicht. Foto: Pexels / Leticia Curvelo

Kannst du nicht Nein sagen? Dann kennst du sicher folgende Szenarien: Dein:e Arbeitskolleg:in bittet dich um einen Gefallen, obwohl du selbst schon genug zu tun hast. Deine Freund:innen erwarten von dir, dass du mal wieder die Organisation eines gemeinsamen Treffens übernimmst, weil du das ja beim letzten Mal schon so toll gemacht hast. Und dein:e Partner:in fragt dich, ob du diese Woche nicht bitte den Einkauf übernehmen könntest, obwohl du schon mit dem Haushalt mehr als genug zu tun hast. Und du? Sagst ja – um niemanden zu enttäuschen und deiner Rolle als Kolleg:in, Freund:in, Partner:in gerecht zu werden. Doch wer ständig zu allem ja sagt, ohne seine eigenen Grenzen zu berücksichtigen, gefährdet seine mentale Gesundheit. Wir zeigen dir, wie du in 7 Schritten nein-sagen lernen kannst.

Deshalb ist Nein-sagen lernen so wichtig

Warum fällt das Nein-sagen lernen eigentlich so schwer? Viele Menschen haben Angst, zurückgewiesen zu werden, wenn sie eine Bitte ausschlagen. Doch nicht nur die Angst vor der Zurückweisung veranlasst Menschen dazu, zu waschechten Ja-Sager:innen zu werden. Viele fürchten sich zudem davor, der Harmonie einen Abbruch zu tun. Wieder andere haben einen Wertekompass verinnerlicht, der ihnen vorschreibt, zuverlässig, loyal und fleißig zu sein. Ein negatives Nein passt schlicht nicht in dieses Weltbild.

Schließlich will jede:r geliebt werden. Vor allem Frauen haben häufig ein Problem damit, „nein“ zu sagen. Das liegt einerseits an der Erziehung, kann aber auch mit wenig Selbstbewusstsein einhergehen. Oft werden Mädchen schon früh Pflichten übertragen, die sie zu erfüllen haben. Diese Erwartungshaltung führt dazu, dass sie sich gezwungen fühlen, ihre Aufgaben zu erledigen – sonst sind sie ja nicht lobenswert. Dieses Verhalten wird dann manchmal bis ins Erwachsenenalter übernommen.

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Nein-Sagen kann richtig befreiend sein. Foto: Unsplash

Welche negativen Folgen das ständige Ja-Sagen haben kann

Was mich angeht, so sage ich heute deutlich seltener Ja. Was nicht heißt, dass mir das Nein-Sagen lernen leichtgefallen ist. Vielmehr war das eine echte Herausforderung. Aber eine, der ich mich stellen musste, meiner eigenen (mentalen) Gesundheit wegen.

Gemerkt, wie sehr mich das Ja-Sagen belastet, habe ich, als ich immer öfter Nein-Sagen musste. Weil ich Panikattacken hatte. Solche, die einen nicht einmal in die U-Bahn einsteigen lassen, weil man denkt, zu ersticken. Heute weiß ich, dass diese Panikattacken natürlich nicht nur dadurch ausgelöst wurden, weil ich eine Jasagerin war. Aber durchaus, weil ich viel zu viel Wert darauf gelegt habe, was andere Leute von mir denken.

Ich habe mich in dieser Zeit selbst verloren und musste erst wieder zu meinem Selbstbewusstsein finden, um den Panikattacken ein Ende zu setzen. Ich musste lernen, mir eigene Grenzen zu setzen. Und ich musste lernen, dass ein Nein mich nicht zurückwirft, sondern mir hilft.

Frau auf Boden
Ja-Sager laufen Gefahr, sich selbst zu verlieren. Foto: Unsplash

Dass Nein-Sagen lernen auch anderen Menschen helfen kann, wissen auch verschiedene Expert:innen, die davon sprechen, dass Ja-Sagen zum Beispiel zu einem Ungleichgewicht in Beziehungen führen kann und auch toxische Beziehungen begünstigt. Aber nicht nur Beziehungen können das Gleichgewicht verlieren, vor allem die mentale Gesundheit wird in Mitleidenschaft gezogen.

Denn wer immer Ja-Sagt und das gar nicht möchte, dem wird Energie geraubt und das kann tatsächlich zum mentalen Ausbrennen führen. Das weiß auch Georg Kempkes, der im Interview mit ze.tt verrät: „Zu viel Jasagen kann zum Burn-out führen. Viele Menschen vergessen, dass es um sie selbst, ihre Bedürfnisse sowie um ihre Lebensenergie geht und lassen zu, dass Wünsche und Forderungen anderer kräftezehrend, gefährlich werden.“. Somit ist Nein-Sagen zu lernen, Prophylaxe eines Burn-outs und wichtiger Teil des Stressabbaus.

Wie man das Nein-Sagen lernen kann

Nachfolgend zeige ich dir ein paar hilfreiche Tipps, wie auch du das Nein-Sagen lernen kannst und endlich aufhörst, es allen anderen außer dir selbst recht zu machen:

1.     Entscheide dich bewusst dafür, dass du das Nein-Sagen lernen möchtest. Nur wenn du dein eigenes Verhalten reflektierst und bemerkst, dass dir das ständige Ja-Sagen schadet, kann sich etwas bessern. Überdenke dabei auch, warum du bisher immer Ja gesagt hast. Wovor hast du Angst?

2.     Suche dir Verbündete. Allein das Nein-Sagen lernen ist eindeutig schwerer. Suche dir daher einen Menschen, mit dem du viel Zeit verbringst und weihe ihn in deine Pläne ein, häufiger mal Nein zu sagen. Diese Person kann zu deinem Korrektiv werden und häufiger mal nachfragen, ob ein Ja von dir auch wirklich so gemeint ist.

Mädelstag am See
Suche dir eine:n Verbündete:n , um besser Nein-Sagen zu lernen. Foto: imago stock&people

3.       Arbeite an deinem Selbstbewusstsein: Wer Nein-Sagen lernen möchte, muss auch lernen, mit Ablehnung umzugehen. Zwar solltest du die Gefühle anderer immer wahr- und ernst nehmen, aber die eigenen solltest du im Zweifel stärker gewichten. Und nie vergessen: Es geht im Leben nicht darum, anderen Menschen zu gefallen, sondern vor allem dir selbst. Und dieses Sich-Selbst-Gefallen beginnt meist mit einer stabilen mentalen Gesundheit. Also: Mut zum Nein!

4.       Reflektiere deine Ja-Antworten: Willst du das wirklich oder hast du wieder mal nur aus Gewohnheit zugestimmt? Nein-Sagen lernen geht auch mit Rückschlägen einher. Aber vergiss nicht, dass jedes Nein zu energieraubenden Dingen, ein Gewinn ist.

5.       Übe dich im Nein-Sagen: Nein-Sagen wird gerne als etwas Negatives verstanden. Dabei ist es dein gutes Recht, öfter mal Nein zu sagen. Freundlich, aber bestimmt, bitte. Du traust dich nicht direkt Nein zu sagen? Dann verschaffe dir Zeit und sage, dass du es dir noch überlegen möchtest. Im Zweifel wird eine Absage dann abgemildert.

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Selbstbewusstsein ist der Schlüssel zu mentaler Gesundheit. Foto: Manu Prats via www.imago-images.de

6.       Rechtfertige dich nicht: Wer Nein-Sagen lernt, sollte versuchen, sich nicht in Rechtfertigungen zu verlieren. Ein kurzes Nein mit einem anschließenden begründeten Satz muss ausreichen. Lasse dich nicht auf Diskussionen ein. Vor allem: Bloß nicht rückfällig werden und doch noch einlullen lassen!

7.       Alternativen anbieten: Zu guter Letzt meine Lieblingsstrategie beim Nein-Sagen lernen. Du möchtest, dass dein Nein nicht negativ aufgenommen wird? Dann biete Alternativen an. Verweise zum Beispiel auf Kolleg:innen, die die Aufgabe ebenso stemmen könnten oder biete deinen Freund:innen alternative Termine an, um etwas zu unternehmen. So wird aus einem heutigen Nein, ein späteres Ja. (Natürlich solltest du hier nur Alternativen anbieten, auf die du Lust hast.)

Fazit: Nein-Sagen lernen bedeutet nicht, das Ja-Sagen zu verlernen

Trotzdem gilt eines: Wer das Nein-Sagen lernen möchte, sollte nicht gleich das Wörtchen Ja aus seinem Wortschatz streichen. Denn es geht auf keinen Fall darum, alles nur noch zu verneinen. Es geht darum, vor allem die Dinge zu verneinen, die dir schaden. Am Ende des Tages gibt es immerhin genug Fragen, die wir immer mit einem Ja beantworten sollten. Zum Beispiel die Frage, ob wir Hilfe brauchen. Davon kann man nämlich niemals genug bekommen!