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Frauen in der Kunst: Wer kommt nach Frida Kahlo?

Eine Untersuchung zeigt: Frauen in der Kunst sind auch 2022 noch stark unterrepräsentiert. Woran das liegt & was sich ändern muss.

Frida Kahlo
Frida Kahlo ist Kult. Aber ist sie wirklich die einzige bedeutende Künstlerin? Foto: Raymond Boyd/Getty Images)

Nenne drei weibliche Künstlerinnen der Weltgeschichte.

Na? Ist dir nach Frida Kahlo auch kein weiterer Name eingefallen? Das ist kaum verwunderlich, denn Frauen in der Kunst sind – gelinde gesagt – unterrepräsentiert. Dabei gibt es weibliche Künstlerinnen so lange wie die Kunst selbst.

Eine aus 10 Künstlern ist weiblich – und die einzige, die wir kennen

Am 15. April ist der Welttag der Kunst. Aber wer interessiert sich noch für Kunst, seit es Netflix gibt, fragst du dich jetzt vielleicht. Die Antwort lautet: fast 30 Millionen Deutsche. Das ergab eine Studie des IfD Allensbach im Jahr 2021. Das Online-Portal Vergleich.org nahm dies zum Anlass, zu analysieren, welches die online am meisten gesuchten bildenden Künstler:innen sind. Das Ergebnis ist – wenig überraschend – ein sehr, sehr männliches.

Quelle: vergleich.org

Platz 1, der mysteriöse Banksy, dürfte wohl selbst der Generation Instagram & Netflix bekannt sein. Die 278.100 Suchanfragen kommen vermutlich auch dadurch zustande, dass es sich bei dem Graffiti-Künstler um ein wahres Marketing-Genie handelt, das um die Öffentlichkeitswirksamkeit eines geschredderten Millionen-Werkes weiß. Die wilden Spekulationen um die Identität des Künstlers tun ihr Übriges. So munkelte man bereits, der Musiker Robert del Naja von Massive Attack sei Banksy, oder vielleicht doch der Künstler und Musiker Jamie Hewlett …? Interessant: Dass Banksy eine Frau sein könnte, scheint für wenige Menschen eine plausible Option.

Aber warum eigentlich? Na ja, schaut man sich die restliche Liste der beliebtesten Künstler an, wird schnell deutlich, dass schon die Statistik dagegen spricht. Die einzige weibliche Künstlerin (die es immerhin auf Platz 2 geschafft hat) ist Frida Kahlo. Obwohl fraglich ist, inwiefern sie heute tatsächlich für ihre Kunst bekannt ist oder nicht eher als beliebtes Postermotiv zum Trend wurde.

„Las Dos Fridas“ von 1929 ist eines der berühmtesten Werke der Malerin. Foto: ALEJANDRO ACOSTA/AFP via Getty Images Foto: AFP via Getty Images

Frauen in der Kunst: Gibt es sie überhaupt?

Oft hört man in Vorträgen zu verschiedenen Kunst- oder Literaturepochen, dass sich das Gendern hier erübrige, weil aus Ermangelung an Alternativen ausschließlich von männlichen Protagonisten die Rede sei. Gab es also tatsächlich so lange keine Frauen in der Kunst, dass Frida Kahlo die erste (und scheinbar einzige) weibliche Künstlerin von Relevanz sein soll?

Natürlich nicht! Ingrid Pfeiffer, Kunsthistorikerin und Kuratorin an der Schirn-Kunsthalle in Frankfurt am Main, hat im Deutschlandfunk über Frauen in der Kunstgeschichte gesprochen. „Mir wird immer wieder klar, dass viele Menschen nicht wissen, dass es schon immer Kunst von Frauen gegeben hat. Seit der Antike über das Mittelalter, den Barock, den Manierismus, die Renaissance, das 19. Jahrhundert bis heute“, so die Kunsthistorikerin. Und sie weiß auch, woran das liegt.

Weibliche Kunst ist unterrepräsentiert

Kunstgeschichtliche Aufzeichnungen gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Und diese Bücher wurden – natürlich – von Männern verfasst. Der damals geprägte Kanon wird auch heute noch reproduziert, also einfach „abgeschrieben“, wodurch sich wenig neue Entdeckungen ergeben. So stagnieren wir bei unserer ewig währenden Top 10 aus Michelangelo, van Gogh und Gerhart Richter.

Ingrid Pfeiffer will Frauen in der Kunst sichtbarer machen. Ihr war bei ihren eigenen Ausstellungen aufgefallen, wie unterrepräsentiert weibliche Künstlerinnen noch heute sind. So waren bei einer Impressionismus-Ausstellung gerade einmal vier weibliche Malerinnen vertreten – von denen nur Berthe Mori­sot ihren Kolleg:innen halbwegs bekannt war, dem breiten Publikum aber war sie gänzlich neu. Monet? Klar, kennt jeder. Aber dessen Kolle­gin, Freun­din und Modell, die von zeit­ge­nös­si­schen Kriti­kern als die „impres­sio­nis­tischste unter den Impres­sio­nis­ten“ bezeichnet wird? Never heard.

Ein Monet, oder? Falsch: ein Morisot. Foto: Picturenow/Universal Images Group via Getty Images Foto: Universal Images Group via Getty

Das liegt nicht nur an der männlich geprägten Kunstgeschichtsschreibung, sondern auch daran, dass Frauen sehr lange Zeit der Zugang zu Kunstschulen verwehrt oder erschwert wurde. So wurden Frauen erst ab den 1920er-Jahren zu einem künstlerischen Studium zugelassen. Dies war auch die Geburtsstunde der Surrealistinnen, von denen uns heute wenigstens Namen wie Frida Kahlo oder Meret Oppenheim ein Begriff sind.

Wie können Frauen in der Kunst sichtbarer werden?

Unter den zehn ersten Namen, die die Google-Suche zum Stichwort „zeitgenössische Künstler“ ergeben, sind zwei weibliche: Yayoi Kusama und Kara Walker. Ausgeglichen ist das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Künstler:innen also auch heute noch lange nicht. Die gute Nachricht ist: Menschen wie Ingrid Pfeiffer, die selbst in der Kunst tätig sind, setzen sich vermehrt dafür ein, dass Frauen in der Kunst mehr erforscht und öfter ausgestellt werden.

An Universitäten wird mehr und mehr gezielt mit weiblichen Künstlerinnen gearbeitet und gelehrt und auch in den Museen findet sich hier und da eine Sonderausstellungen zu weiblicher Kunst. Es lohnt sich also, etwas Recherchearbeit zu leisten und den eigenen Horizont zu erweitern. Besuche doch mal wieder die kleine Galerie von nebenan und frag nach den dort vertreten Künstler:innen. Supporte zeitgenössische Künstlerinnen in den Sozialen Medien. Oder gib bei der nächsten WG-Party mit deinem Wissen über weibliche Impressionistinnen an. Auch das kann helfen, Frauen in der Kunst sichtbarer zu machen.

Einen Überblick über die wichtigsten Künstlerinnen der Moderne findest du außerdem im Portal Kunstgeschichte.

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