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KI-Bilder: Verliert Kunst durch künstliche Intelligenz ihren Wert?

Durch Modelle wie DALL-E können wir alle möglichen Bilder generieren. Besteht durch die KI-Bilder die Gefahr, dass Kunst an Wert verliert?

Mit dem Prompt "Mona Lisa in a club dancing" hat mir Dall-E folgendes Bild erstellt. Foto: Dall-E / OpenAI

Seit Wochen schon reden wir über die neusten Fortschritte und Innovationen im Bereich der künstlichen Intelligenz. KI-Unternehmen, wie beispielsweise OpenAI mit Bots wie ChatGPT und DALL-E, kann jetzt jede:r selbst mit künstlicher Intelligenz experimentieren und sich ein Bild davon machen, was die Programme können und unseren Alltag erleichtern. Jede:r ist mithilfe von künstlicher Intelligenz in der Lage Bilder oder Texte zu erstellen. Nun stellt sich die Frage, ob Kunst durch die sofortige Verfügbarkeit der KI-Bilder ihren Wert verlieren kann?

Foto: Johanna Urbancik

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Anhand von DALL-E: Wie generieren KI-Modelle Bilder?

DALL-E ist ein hochmodernes generatives Modell, entwickelt von dem US-amerikanischen Unternehmen OpenAI. Das Modell ist in der Lage in rasender Geschwindigkeit Bilder aus Textbeschreibungen zu generieren.

Anhand einer Textbeschreibung erstellt DALL-E eine Reihe von Merkmalsvektoren für den Inhalt des Bildes. Auf Basis dieser Merkmalsvektoren wird das Bild Pixel für Pixel erzeugt. Dieser Prozess ist als „Autoregression“ bekannt. Während dieses Prozesses generiert das Modell ein Pixel nach dem anderen, aufbauend auf alle zuvor generierten Pixel.

Um DALL-E zu „trainieren“, hat OpenAI einen Datensatz mit Bild-Beschriftungs-Paaren, der über 250 Millionen Paare von Bildern und Beschreibungen enthalten hat, verwendet. Außerdem wurde eine Technik namens „kontrastives Lernen“ verwendet, mit der das Modell lernen kann, zwischen verschiedenen visuellen Konzepten zu unterscheiden und qualitativ hochwertige Bilder zu erzeugen.

Der Name „DALL-E“ ist übrigens eine Kombination aus dem Künstler Salvador Dalí und der Disney-Figur WALL-E.

Der Name DALL-E bildet sich aus dem Künstler Salvador Dalí und dem Disney-Roboter WALL-E zusammen. Foto: IMAGO / Leemage & IMAGO / Everett Collection [M]

Klauen KI-Modelle Kunst von Künstler:innen?

Um KI-Bilder zu generieren, müssen Modelle wie DALL-E, Midjourney oder Stable Diffusion mit Informationen gefüttert werden. Diese „Informationen“ sind Kunstwerke, Illustrationen und Werke von Künstler:innen auf der ganzen Welt. Da diese Werke im Internet zugänglich und verfügbar sind, werden die Künstler:innen nicht gefragt oder benachrichtigt, dass ihre Arbeit an die KI-Modelle gefüttert wird.

Anfang des Jahres im Januar haben einige Künstler:innen Midjourney, DeviantArt und Stable Diffusion wegen Urheberrechtsverletzungen angeklagt. In der Klage wird behauptet, dass generative KI-Tools das Urheberrecht verletzen, indem sie die Werke von Künstler:innen ohne deren Zustimmung aus dem Internet auslesen. Die Künstlerinnen – Sarah Andersen, Kelly McKernan und Karla Ortiz – haben behauptet, dass diese Organisationen die Rechte von „Millionen von Künstler:innen“ verletzt haben, indem sie ihre KI-Tools mithilfe von fünf Milliarden Bildern trainiert haben. Diese hätten sie „ohne die Zustimmung der ursprünglichen Künstler:innen“ aus dem Internet gezogen. Die drei Künstler:innen erwarten die folgenden drei Dinge von ihrer Klage gegen die KI-Unternehmen: Credit, Einverständnis und Entschädigung.

Laut Art News hat ein:e Sprecher:in von Stability AI auf die Klage gesagt, dass das Unternehmen diese Angelegenheiten ernst nehme. „Jede:r, der glaubt, dass dies keine faire Nutzung ist, versteht die Technologie nicht und missversteht das Gesetz“, sagte der/die Sprecher:in. Bis dato gibt es noch kein gerichtliches Urteil zu der Klage der drei Künstlerinnen.

Könnte Kunst durch die KI-Bilder an Wert verlieren?

Da die generierten Bilder sofort für jede:n mit einem Internetanschluss und einem Computer verfügbar sind, stellt sich nun die Frage, ob Kunst seinen Wert verliert?

Interview mit einem Künstler über KI-Bilder

Ich habe mich mit dem ukrainischen Animator und Illustrator, Tyhran Sohoian, über das Thema unterhalten.

wmn: Hast du das Gefühl, dass Kunst durch die KI-Modelle ihren Wert verlieren könnte?

Tyhran: Ich glaube, dass Kunst jetzt schon durch KI-Bilder an Wert verloren hat. Es wird wahrscheinlich zu einer Trennung der Märkte für „persönliche“ und professionelle Bilder kommen. Ich kann mir vorstellen, dass es in dem professionellen Bereich weiterhin wertvoll sein wird, wenn ein Mensch das Werk erstellt hat.

Wir können hier auch die Nutzung von alten Kameras und Handys vergleichen. Haben Fotos ihren Wert und Sinn verloren, weil jede:r jetzt mit seinem Smartphone ein Foto in einer Sekunde machen kann? Wir schätzen gute Fotos immer noch, aber der Markt für Fotografen ist zusammengebrochen.

Der ukrainische Illustrator Tyhran Sohoian sieht große Veränderung in der Kunstwelt wegen KI-Bildern. Foto: Tyhran Sohoian

wmn: Weißt du überhaupt, ob deine Illustrationen auch an die KI-Modelle gefüttert worden sind? Jede:r kann ja jetzt theoretisch Bilder in deinem Stil generieren.

Tyhran: Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, wenn ich ehrlich bin. Ich denke, das Gefühl der Einzigartigkeit wird verloren gehen. Vielleicht werden die Menschen versuchen, mit speziellen Techniken zu arbeiten, die die KI nicht beherrscht. Und vielleicht wird die Kunst mehr zum Offline-Format wechseln. Digitales wird dann eben wertlos sein.

Meine Kolleg:innen haben schon mit KI gearbeitet und KI hat auch meine Arbeit schon in gewissen Teilen übernommen. Im Moment ist es noch „exotisch“. Bald wird es aber schon Alltag sein.

wmn: Durch KI können Menschen deinen Stil beispielsweise auch missbrauchen, indem sie Illustrationen in diesem Stil generieren, die rassistisch oder homophob sind.

Tyhran: Genau, das kann zu einem Problem werden. Allerdings glaube ich auch, dass man dadurch den Menschen mehr Freiraum und Kreativität schenkt. Jede:r kann dann die Kunst erstellen, die er selber haben will. Das erstellt so viele Möglichkeiten – solange sie natürlich nicht missbraucht wird.

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Wir befinden uns in unbekannten Gewässern

Generell befinden wir uns in unbekannten Gewässern, wenn es um künstliche Intelligenz geht. Das trifft auf die generierten Bilder zu, aber auch auf die Text-Bot-Services, wie ChatGPT oder Microsofts Bing-Chatbot.

Dieser Chatbot hat dem New York Times Journalisten Kevin Roose letzte Woche einen großen Schrecken eingejagt, indem er ihm seine Liebe gestanden hat. Dieser Interaktion hat uns wieder aufs neue bewiesen, dass wir viel zu wenig über künstliche Intelligenz wissen.

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Es stellt sich also nicht nur die Frage, ob durch KI-Bilder Kunst an Wert verliert, sondern ob wir als Gesellschaft überhaupt bereit sind, künstlicher Intelligenz noch mehr Verantwortung zu geben.