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Darum kommen die meisten Täter sexueller Gewalt ungestraft davon

Täter sexueller Gewalt bleiben oft ungestraft. Warum das so ist und was das mit den Opfern macht.

sexuelle Gewalt
Sexuelle Gewalt ist ein unbequemes, aber wichtiges Thema. Foto: Getty Images/ Federica Rinaldi / EyeEm

Ihre Geschichte löste eine Welle der #metoo- Bewegung in der Poetry Slam- Szene aus! Sira Busch trat mit ihrer Erfahrung sexueller Gewalt durch einen Slam-Kollegen an die Öffentlichkeit.

Sexuelle Gewalt in der Poetry Slam-Szene

Es haben sich noch weitere Frauen aus der Szene gemeldet, die ähnliche Erfahrungen mit diesem und weiteren Männern nach Slam- Veranstaltungen machen mussten. Sira zeigte den Vergewaltiger an und ging mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit.

Es folgte eine Unterlassungsklage des Täters und Sira muss nun die Prozesskosten dafür übernehmen. Eine Summe, die für die 26- Jährige nicht zu stemmen ist. Eine Spendenaktion der Gruppe Slam Alphas, die sich für die Förderung von Frauen in der Poetry Slam-Szene einsetzt, soll sie unterstützen. Gegen den Täter wird weiter ermittelt.

Gerechtigkeit für die Opfer?

Siras Fall ist eines von zahllosen Beispielen dafür, dass im Umgang mit Opfern sexueller Gewalt noch viel getan werden muss. Denn jedes Jahr werden mehrere Tausend Frauen in Deutschland belästigt und vergewaltigt, doch die Täter bleiben meist auf freiem Fuß. Das liegt vor allem daran, dass viele Täter nie angezeigt werden.

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Aktuell protestieren viele PariserInnen gegen den Politiker Gerlad Darmanin, dem Vergewaltigung vorgeworfen wird.(Photo: Edouard Richard via www.imago-images.de)

Der Kriminologe Christian Pfeiffer erklärte der ARD: „Von hundert Frauen, die vergewaltigt werden, erlebt nur etwa eine einzige eine Verurteilung. […] Das liegt daran, dass 85 Prozent der Frauen keine Anzeige machen, und dann gibt es folglich auch keine Verurteilungen. Und von den 15 Prozent, die übrig bleiben, werden letztendlich nur 7,5 Prozent der Täter verurteilt.”

Anzeigen kommen oft zu spät

Ob aus Angst vor dem Täter oder dem Prozess, aus Scham oder weil ihnen eingeredet wird, es sei nichts Falsches passiert. Viele Opfer bringen eine Vergewaltigung nie zur Anzeige. Ein weiteres Problem ist, dass viele Opfer sexueller Gewalt erst nach einigen Wochen oder Monaten den Mut finden, Anzeige zu erstatten.  Oft wird den Betroffenen erst in Gesprächen mit Vertrauten klar, dass es nicht ihre Schuld war, sondern dass ihnen eine Straftat widerfahren ist.

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Wenn sie dann Anzeige erstatten, ist es oft nicht mehr möglich, den Missbrauch nachzuweisen. Zusätzlich demotivierend wirkt die geringe Verurteilungsquote von Vergewaltigern. Wieso sich dem zusätzlichen emotionalen Stress einer Gerichtsverhandlung aussetzen, wenn der Täter am Schluss sowieso freigesprochen wird?

Großes Problem bei sexueller Gewalt: Rape Myths

Denn tatsächlich wird ihnen auch nicht immer geglaubt: Rape Myths, also Vergewaltigungsmythen, spielen dabei eine große Rolle. Nicht selten unterstellen PolizistInnen oder JuristInnen, dass die Opfer bewusst lügen, so Kriminologe Pfeiffer: „Nach unserem Kenntnisstand sagt die große Mehrheit der Frauen, rund 80 Prozent, die Wahrheit und denen müssen wir gerecht werden.“

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Sexuelle Gewalt wird oft verharmlost. Das muss aufhören.(Photo: imago stock&people)

Sie wollte es doch auch.

– Täter

Wenn potentiellen Tätern das Gefühl vermittelt wird, sie kämen mit „Sie wollte es doch auch“ ungeschoren davon, hat das natürlich verheerende Konsequenzen. Der wichtigste Schritt dagegen ist es, Täter anzuzeigen und damit ein deutliches Signal zu setzen, dass nein immer noch nein heißt.

Der Weg in die Öffentlichkeit

Wenn Opfer sexueller Gewalt ihre Geschichte öffentlich teilen, kann das Betroffenen die Kraft zu geben, Täter so schnell wie möglich anzuzeigen. Außerdem, betont Sira, macht es die strukturellen Probleme in Bezug auf Vergewaltigungen sichtbar. Der Entschluss, Täter anzuzeigen, muss für Betroffene in Zukunft leichter werden.

Wenn du selbst Opfer sexueller Gewalt geworden bist, findest du beim Hilfeportal Sexueller Missbrauch oder unter der Nummer 0800-22 55 530 Hilfe und Unterstützung.