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Das hat „Selfcare“ mit Science-Washing und Sexismus zu tun

Was steckt eigentlich hinter den ganzen Werbeversprechen auf Kosmetikprodukten, die dir Selfcare suggerieren sollen? Die Antwort ist Science-Washing und Sexismus!

Frau mit Gesichtsmaske
Der Begriff "Selfcare" ist häufig geprägt von Science-Washing und Sexismus. Foto: shutterstock/E.Va

Du hast echt genug von diesen ganzen Werbeversprechen, die uns Kosmetik-Brands machen? „Mit dieser Maske kannst du dir mal richtig etwas gönnen“, oder „Mit dieser Creme kannst du dich wieder mit einem Lächeln im Spiegel anschauen“. Man merkt es oft nicht, aber in solchen Slogans ist eine ganze Menge Sexismus und falsche Testangaben versteckt. Die Wissenschaftlerin und Moderatorin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim deckt in ihrer Fernsehsendung „MAITHINK X“ die Falschheit typischer Werbeversprechen auf. Vor dem Hintergrund klären wir auch auf, wie die Kosmetikindustrie den Begriff „Selfcare“ missbraucht und ihm Sexismus beisetzt.

Diese Qualitätssiegel auf Kosmetikprodukten könnten auch Science-Washing betreiben

Oft lesen wir auf Verpackungen von Kosmetikprodukten bestimmte „wissenschaftlich geprüfte“ Versprechen, die uns Hersteller machen. Dabei soll es sich laut Mai Thi gar nicht um tatsächlichen Mehrwert eines Produktes handeln. Die Rede ist hier von „Science-Washing“, die schon bei Anmerkungen wie „Dermatologisch getestet“ anfängt. Das kann, so Mai Thi, nämlich einfach bedeuten, dass über eine mehrtägige Testung eines Produktes einmal ein:e Mediziner:in anwesend war. Außerdem hat ein solches Produkt heutzutage keinen großen Mehrwert mehr, weil wir solche Testsiegel auf fast allen Produkten finden.

Hinter diesen Testungen stecken nur vage Vermutungen

Auch besondere Zahlen oder Laborstudien basieren wohl kaum auf wissenschaftlichen Prüfungen. Dabei kann es sich nämlich auch nur um ungefähre Einschätzungen handeln, die plötzlich in Extremen wie „ihr Haar wird mit dieser Farbe um zwei Stufen heller“ enden. Auch können nach außen hin Produkte oder deren Inhaltsstoffe in Laborstudien positive Effekte zeigen. Diese könnten jedoch in einem Labor in nur ganz hohen Konzentrationen getestet werden, wie wir sie gar nicht in der Kosmetik finden würden.

Auf solche Qualitätssiegel, womit uns Kosmetikhersteller an ihre Produkte locken wollen, sollten wir uns laut Mai Thi besser nicht verlassen. Sie wiederum nennt als Ansätze für beispielsweise bessere Haut ein tägliches Auftragen von Sonnencreme, gesunde Ernährung, gute Gene und möglichst viel Stressvermeidung.

Kosmetikprodukte
So viel Sexismus steckt eigentlich hinter Werbeversprechen. Foto: Sora Shimazaki Pexels via canva.com

So viel Sexismus steckt hinter Kosmetikprodukten

Die Wissenschaftlerin stellt ebenfalls eine Statistik auf, nach der sich 53 % aller Frauen ohne Make-up nicht schön fänden. Oft glauben sie, sie sähen krank dadurch aus. Insider sagen, das käme vom L’Oreal-Gründer Eugène Schueller, der seinen Händlern geraten haben soll „Sagt den Leuten, dass sie hässlich sind“. Sofern das stimmt, muss man sich das erstmal auf der Zunge zergehen lassen.

Generell finden sich auf Kosmetikprodukten allzu oft sexistische Werbeslogans, die wir auf den ersten Blick erstmal gar nicht erkennen. Man verspricht Frauen, dass sie sich damit wohler fühlen werden. Das setzt sich jedoch in diesem Kontext automatisch gleich mit „schöner fühlen“. Kosmetik-Brands machen also gerne Gebrauch von dem Begriff „Selfcare“, der bedeutet, man solle etwas für sich und sein eigenes Wohlbefinden tun. Jedoch tust du, indem du irgendwas kaufst, ja eigentlich nicht etwas für dich, sondern vor allem für die Kosmetikindustrie.

Indem sie implizieren, man solle Selfcare betreiben, um besser auszusehen, dann verfehlen sie den Begriff. Sich zu rasieren, eine Gesichtsmaske aufzuziehen oder ein Schaumbad zu nehmen unter dem Schein von „Selfcare“ sind eigentlich nur weitere Mittel, um dich zum Kaufen zu motivieren.

Selfcare
für jede Person bedeutet Selfcare etwas anderes und ist nicht nicht immer mit Beauty-Ritualen verbunden. Foto: Instagram/millenialtherapist /

So betreibst du wirklich Selfcare

Wenn du dich trotzdem nicht von dem Wunsch abbringen lassen möchtest, etwas nur für dich zu tun, dann solltest du erstmal eins tun: nicht mehr auf solche Werbeversprechen hören. Denn indem du dich freimachst von dem, was dir Andere als „Akt für dich selbst“ vorschreiben, betreibst du eigentlich Selfcare.

Was das am Ende für dich ist, musst du selbst herausfinden. Dabei hilft es, einfach mal in dich zu gehen und zu überlegen: Was mache ich nur für mich? Womit mache ich mich von nichts und Niemandem abhängig?

Ein Selfcare-Akt kann auch beispielsweise heißen, sich von Freund:innen loszulösen, die dir nicht guttun, regelmäßig Tagebuch zu führen oder Sport zu machen. Es muss nicht immer damit verbunden sein, irgendetwas zu kaufen, um sich nachher schöner zu fühlen. Denn mit dieser einen Creme oder der Gesichtsmaske tun wir noch lange nichts für uns und unsere Entspannung, schon gar nicht, um weitere Schönheitsstandards zu bedienen.