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Wettbewerb, Leistungsdruck und Selbstinszenierung – Züchtet die moderne Arbeitswelt Narzissten?

Selbstinszenierung im Job ist gefragt – aber fördert das narzisstisches Verhalten? Wir werfen einen Blick auf die Effekte der modernen Arbeitswelt.

Junge Asiaten steht vor einem Bürogebäude und hat die Arme verschränkt.
© Getty Images/Oscar Wong

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In der heutigen Arbeitswelt zählen Effizienz, Sichtbarkeit und Selbstvermarktung mehr denn je. In Zeiten von Social Media, agilen Methoden und globalem Wettbewerb stellt sich die Frage: Fördert dieses Klima narzisstische Persönlichkeitszüge – oder gar echte Narzissten? Wir haben einen Blick auf die Effekte der modernen Arbeitswelt geworfen.

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Die Arbeitswelt im Wandel: Bühne statt Büro

Früher galt: Wer hart arbeitet und gute Ergebnisse liefert, wird auf Dauer belohnt. Heute lautet das Motto oft: „Wer nicht gesehen wird, existiert nicht.“ Sichtbarkeit ist in vielen Branchen zum entscheidenden Karrierekriterium geworden. In sozialen Netzwerken wie LinkedIn inszenieren sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend als starke Persönlichkeiten, die Projekte dominieren, Teams führen und in jeder Herausforderung eine Chance sehen.

Dieser Trend zur permanenten Selbstinszenierung kann positive Effekte haben, etwa indem Menschen lernen, ihre Erfolge selbstbewusst zu präsentieren. Doch die Kehrseite ist eine Kultur der Selbstdarstellung, die narzisstisches Verhalten nicht nur begünstigt, sondern mitunter sogar belohnt.

Wettbewerb und Leistungsdruck: Der Nährboden für Egozentrik?

Konkurrenz gehört zum Berufsleben – aber was passiert, wenn sie zum Dauerzustand wird? In einer Umgebung, in der jeder Austausch als potenzieller Wettbewerb empfunden wird, ist Kooperation schwer. Der ständige Druck, besser, schneller und sichtbarer zu sein, kann Empathie und Teamgeist verdrängen. Wer sich zu sehr auf das eigene Image konzentriert, verliert womöglich das Interesse am echten Miteinander.

Einige Studien zeigen: In Umfeldern mit hohem Leistungsdruck nehmen narzisstische Tendenzen messbar zu. Zwar entwickelt nicht jeder unter solchen Bedingungen eine narzisstische Persönlichkeitsstörung – aber viele übernehmen Verhaltensweisen, die aus dem Repertoire des Narzissmus stammen: übertriebene Selbstdarstellung, Abwertung anderer, geringe Kritikfähigkeit.

Eine selbstbewusste Frau mit braunen Haaren steht vor einer blau-weiß gestreiften Wand.
Dauerhafter Konkurrenzdruck fördert narzisstische Verhaltensweisen und schwächt echtes Miteinander. Credit: Getty Images/pixdeluxe

Narzissmus als Karrierevorteil?

Tatsächlich können narzisstische Eigenschaften in bestimmten beruflichen Kontexten Vorteile bringen. Selbstbewusstsein, Risikobereitschaft und Durchsetzungsfähigkeit werden oft als Führungsqualitäten gewertet. Wer sich selbst gut verkaufen kann, wird schneller befördert. 

Doch langfristig sind narzisstische Führungskräfte häufig ineffizient: Sie nehmen Feedback schlecht an, fördern toxische Unternehmenskulturen und verhindern nachhaltige Teamleistung.

Der schmale Grat zwischen Selbstbewusstsein und Selbstüberschätzung

Nicht jede Form der Selbstdarstellung ist problematisch. Sich selbst und die eigene Arbeit angemessen zu präsentieren, gehört heute zur beruflichen Realität. Kritisch wird es, wenn Selbstinszenierung zur zentralen Motivation wird, das Team zweitrangig erscheint oder der Zweck nur noch darin besteht, Anerkennung zu generieren.

Die moderne Arbeitswelt bietet also sowohl Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung als auch Risiken für eine übersteigerte Selbstzentrierung. Entscheidend ist der Kontext: Werden Werte wie Empathie, Kooperation und Bescheidenheit bewusst gepflegt, kann ein gesundes Selbstbewusstsein ohne Narzissmus gedeihen.

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Fazit: Warum authentisches Verhalten entscheidend bleibt

Die moderne Arbeitswelt schafft Bedingungen, die narzisstische Verhaltensweisen begünstigen können – durch permanenten Wettbewerb, hohen Leistungsdruck und die Erwartung ständiger Sichtbarkeit. Doch ob daraus ein Narzisst „gezüchtet“ wird, hängt nicht allein von äußeren Faktoren ab, sondern auch von persönlichen und kulturellen Werten. Der Schlüssel liegt in der Balance: zwischen Selbstvermarktung und Authentizität, zwischen Durchsetzungskraft und Empathie. Nur wer beides vereint, kann in der neuen Arbeitswelt nicht nur erfolgreich, sondern auch menschlich bleiben.

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