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Frauen lieben den Voyeurismus bei True Crime Podcasts – warum?

Mit Grausamkeit & Mord lässt sich Aufmerksamkeit & Geld verdienen – vor allem bei True Crime Podcasts. Warum sind gerade Frauen davon so angetan?

Frau mit einer Pistole
True Crime Podcasts sind von Frauen über Frauen für Frauen. Foto: VasjaKoman /

Krimis sind wohl einfach nicht mehr genug. Wer will sich schon eine ausgedachte Story über ausgeweidete Kadaver und vergewaltigte Jungfrauen anhören, wenn es das Ganze doch auch in echt gibt? Die Jagd nach dem Thrill der “echten Fälle” hat es vor allem Frauen angetan. True Crime Podcasts ist ein Genre, das zum großen Teil von Frauen über Frauen für Frauen entsteht. Warum das so ist, erklären wir dir hier.

True Crime ist von Frauen über Frauen für Frauen

True Crime ist von Frauen: Die meisten Serien und Podcasts über True Crime werden von Frauen gehostet und viele filmische Dokumentationen haben weibliche Regisseure. Verrückt wird dieser Fakt vor allem dann, wenn man sich vor Augen führt, dass alle anderen Genres eher Männerdomänen sind. Wer sich fragt, wann Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen endlich eine Tatsache ist, wird hier fündig. 

True Crime ist über Frauen: Oft und gerne erzählt True Crime Geschichten über Frauen, die morden oder Frauen, die ermordet wurden. Das Fernsehformat Wenn Frauen töten und die Boulevardzeitschrift Closer Crime sind nur einige Beispiele dafür. 

True Crime ist für Frauen: Das Genre ist zur Zeit unfassbar populär beim weiblichen Klientel. Wenn sich mit etwas schnell viel Aufmerksamkeit und Klickzahlen erreichen lässt, dann ist es ein außergewöhnlicher und zudem gut recherchierter Mordfall. Aber warum verspüren gerade Frauen eine solche Faszination für das Böse in den Menschen?

Frau Comic Angst
Frauen haben große Angst, selbst Opfer von Verbrechen zu werden und hören True Crime auch zum Selbstschutz.

True Crime zeigt die Abgründe der Menschen

Fetische, die bis zum Äußersten ausgelebt werden. Blanker Hass, der einst liebende Menschen auseinandertreibt. Blindes Vertrauen, das mit dem harten Hammer der Realität bestraft wird. Das sind nur einige der Motive, mit denen sich True Crime beschäftigt. Kein Wunder, dass das ein faszinierendes Genre ist. Es verbindet scheinbar ganz gewöhnliche Menschen mit absurder Grausamkeit.

True Crime folgt immer wiederkehrenden Erzählstrukturen

True Crime lebt von dem Entsetzen der Zuhörer und von der Abgeklärtheit der Erzähler. Während die Geschichten Abscheu und Ekel im Publikum auslösen, sind die Experten hinter den Mikrofonen, auf den Bühnen oder vor den Kameras schon so tief in den Abgründen und Beweggründen verstrickt, dass sie ruhig und beinahe versöhnlich klingen. 

So wird dem Hörer die Rolle des gewissenhaften guten Bürgers zugespielt, der natürlich niemals eine solche Tat begehen würde. Dass die Experten eine solche Ruhe und doch detailgetreues Erzählverhalten an den Tag legen, spitzt das Entsetzen der Zuhörer noch zu.

True Crime als Selbstschutz hören

Männer sind viel öfter die Empfänger von Gewaltverbrechen, doch fühlen Frauen sich wohl dennoch um einiges bedrohter. Der True Crime Expertin Sonja Hartl zufolge nutzen Frauen das Wissen, das True Crime ihnen vermittelt, um sich vor etwaigen Mordversuchen zu schützen. Es scheint einen morbiden Charme zu haben, über das Verbrechen nachzudenken, als wäre es das eigene.

Frau hat Angst, Comic
True Crime Podcasts gibt es wie Sand am Meer. Manche zeigen Pietät für die Opfer, andere weniger.

True Crime Podcasts – muss man das hören?

True Crime ist vollkommen in den Massenmedien angekommen. Wir müssen nicht mehr um zwei Uhr morgens SuperRTL Snapped – Wenn Frauen töten einschalten, um echte Mordfälle konsumieren zu können. Auf Netflix gibt es zig Serien und Filme, die True Crime bearbeiten – nicht selten kommen die Mörder sogar selbst zu Wort. 

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema True Crime finden wir auch in der 35ten Folge des Podcasts Feuer & Brot von Maxie & Alice

Verbrechen

Sabine Rückert, Chefredakteurin der Zeit und Expertin für Verbrechen, erzählt ihrem Kollegen Andreas Sentker, dem Leiter des Wissensressorts der Zeit, von ihren Tagen als Kriminalreporterin. Mit viel Passion, einigem Entsetzen und noch mehr Hintergrundwissen.

Mordlust 

Laura und Paulina stellen sich gegenseitig echte Mordfälle aus Deutschland und Umgebung in gut einstündigen Folgen vor. Sie sagen über sich selbst, dass sie einen recht makaberen Humor haben. Im Podcast wird viel gelacht. 

My Favorite Murder

In dem U.S. amerikanischen Podcast erzählen Karen und Georgia echte Mordfälle nach, als wären es Märchen. Seit 2016 springen die beiden vollkommen auf den Hype-Train des True Crime auf und sind offen begeistert von ihren Geschichten.

Serial 

Der Podcast Serial (wahrscheinlich der erfolgreichste Podcast überhaupt) lässt seine Hörer ganz nah am Leben und am Tod der Protagonisten teilhaben. In jeder Staffel erklärt die Moderatorin Sarah Koenig einen Mordfall – so detailgetreu wie nur möglich.

Frau mit Pistolen Comic
Wir müssen einfach zugeben, dass bei True Crime Podcasts auch ein Teil Voyeurismus dabei ist.

True Crime ist purer Voyerismus

So gerne wir uns auch einreden mögen, dass unser Interesse für True Crime nur unserem Wissensdurst und unserem Interesse für Kriminalfälle geschuldet ist, die eigentliche Faszination liegt woanders. Wir sehen die Taten, die wir sonst nur aus der Kriminalliteratur kennen, in der Realität. 

Wer True Crime noch nicht ausprobiert hat, der solle seine ersten Serien und Podcastfolgen mit Vorsicht genießen. Gerade hochsensible Menschen könnten an den Schrecken zerbrechen. Auch Menschen, die unter Panikattacken und genereller Angst leiden, sollten sich lieber einer klassischen Romcom hingeben. 

Wer lieber Aufbauendes und Hoffnungsvolles auf den Ohren hat, greift zu “Geschichten gegen den Hass”, der Podcast gegen Rassismus und Hass. Oder hört euch die Sex-Podcasts, die heute Besser als Sex ersetzen.