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Tokyo Fashion Week: Sehen so die Fashion Weeks der Zukunft aus?

Vom 13. bis 18. März fand die Toyko Fashion Week wieder in voller Größe statt, nachdem die letzten Jahre pandemiebedingt vieles flachfallen müsste. Wir haben mit der Organisation und einem Model darüber gesprochen, ob Japan als Vorreiter für die Fashion Shows der Zukunft gesehen werden dürfen.

Marie auf der Tokio Fashion Week. Foto: FASHIONSNAP (Koji Hirano)

Nach fast drei Jahren, in denen die Pandemie vielen Fashion Weeks einen Strich durch die Rechnung machte, fand vom 13. März bis zum 18. März 2023 die Tokyo Fashion Week in voller Größe und mit einem ausgebuchten Kalender statt.

Ganze 58 Modehäuser präsentierten ihre Mode auf der Rakuten Fashion Week in Tokio, wovon 42 auf einem physischen Laufsteg stattfanden – und 16 auf digitale Art und Weise! Wir haben mit der Organisation der Tokyo Fashion Week gesprochen und mit einem Model und wollten von beiden wissen, ob Tokio und Japan allgemein den Ton für eine neue Art und Weise von Fashion Weeks setzten.

Brechen mit Normen und Zelebrieren der Diversität: Die diesjährige Tokyo Fashion Week

Auch wenn die Tokyo Fashion Week (TFW) die Beziehungen zu ihren westlichen Partner:innen nicht vernachlässigen möchte, standen bei der diesjährigen TFW das Repräsentieren von starken japanischen Marken im Vordergrund. So wurden Kollektionen gezeigt, die die japanische Gesellschaft kommentierten und so eine lokale Sichtweise auf die Mode des Landes gaben, wie Fashion Unite schreibt.

Verschiedene Labels setzten sich außerdem mit dem Thema Gender auseinander. So griff die Marke The Soloist Gender-Aspekte in besonderer Art und Weise auf, indem Kleidungsstücke, die normalerweise mit Weiblichkeit assoziiert werden, von männlichen Models getragen wurden. Auf diese Weise wird einmal mehr gezeigt, dass Mode kein Geschlecht hat und dass die binären Geschlechternormen immer häufiger infrage gestellt werden.

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Das Label Soshiotsuki nutzt ihre Entwürfe, um den gesellschaftlichen Anpassungsdruck durch die Augen eines japanischen Geschäftsmannes zu beleuchten. Das Ergebnis: Kleidungsstücke, die Eigenschaften widerspiegeln, die mit Konformität in Verbindung gesetzt werden. So fanden sich in dieser Kollektion buckelige Silhouetten, die eine schlechte Körperhaltung abbildeten und graue Anzüge, die für Japaner typisch sind und auch als „Rattenanzüge“ betitelt werden.

Im Gespräch mit der Organisation der TFW: Ist Digitalisierung die Zukunft der Fashion Week?

Aufgrund der Pandemie und seinen noch immer nachklingenden Folgen, hat sich der Hauptsponsor der Toyko Fashion Week überlegt, Teile der TFW zu digitalisieren. Aufgrund dessen fanden sich in verschiedenen Laufstegshows Hologramme und andere Technologien im Einsatz. Ganze 16 Fashion Shows fanden außerdem im digitalen Rahmen statt und erinnern an die Pandemie, in der die digitale Verbreitung von Inhalten unerlässlich war. Diese Entwicklung setzt sich auch in diesem Jahr fort, worauf sich unweigerlich die Frage stellt: Ist das die Zukunft von Fashion Weeks?

Wir haben mit den Organisatoren der TFW gesprochen und ihnen zu diesem Thema ein paar Fragen gestellt, um den Trend der Digitalisierung innerhalb von Fashion Weeks zu verstehen.

Tokyo Fashion Week
Die Tokyo Fashion Week bemüht sich um eine physische und auch digitale Präsenz. Foto: JFWO

wmn: Wie sieht die Zukunft von Fashion Weeks aus? Wird es irgendwann eine Zeit geben, in welcher mehr digitale Shows als physische stattfinden werden?

TFW: In den vergangenen beiden Fashion Weeks, welche in der Pandemie stattfanden, gab es Zeiten, wo die digitalen Shows überwogen. Aufgrund dessen haben wir eine Plattform gebaut, welche japanischen Designer:innen digitale und physische Übertragungsmöglichkeiten bietet. Da sich die Welt immer weiter verändert, sind auch in Zukunft vermutlich mehrere digitale Übertragungen geplant, was allerdings nicht bedeutet, dass es keine physischen Shows mehr geben wird.

„Wir möchten uns und unsere Plattform also stetig weiterentwickeln – sowohl physisch als auch digital.“

Manche Marken entscheiden sich vielleicht für den digitalen Weg, um ihre Vision von Mode besser rüberzubringen und ihre Kollektionen anders zu präsentieren, als vielleicht andere Labels es tun würden. Wir möchten uns und unsere Plattform also stetig weiterentwickeln – sowohl physisch als auch digital.

wmn: Was ist der Unterschied zwischen realen und virtuellen Fashion Shows? War es schwierig, die verschiedenen Media-Typen erfolgreich miteinander zu verbinden?

TFW: Der physische Laufsteg befindet sich in einer Location mit einem realen Publikum. Digitale Fashion Shows werden dort gedreht, wo der oder die Designer:in sich die Präsentation der Kollektion vorstellt, oft mit einer bestimmten Atmosphäre gepaart. Obwohl die verschiedenen Methoden unterschiedlich sind, glauben wir, dass die Gedanken der Designer:innen und die Art und Weise, wie sie eine Weltansicht kreieren, dieselbe ist.

Keyart Tokyo Fashion Week
Die Tokyo Fashion Week versucht mit ihrer Key Art die Menschen von der Inspiration, die Japan und Tokyo national und international bildet, zu überzeugen. Foto: JFWO

wmn: Was passiert, wenn die Technologie versagt, vor allem wenn es um eine digitale Fashion Show geht?

TFW: Genauso wie physische Fashion Shows aufgrund von natürlichen Phänomenen verspätet sein können, ist dies auch bei digitalen Shows der Fall. Auch wenn sich der Start der Show aufgrund von Technikproblemen verzögert, stellen wir die Show trotzdem auf die Beine.

„Wir möchten auch weiterhin Talente unterstützen.“

Wir glauben daran, dass es keine Risiken in den verschiedenen Präsentationsmethoden gibt. Zusätzlich kümmern sich unsere Mitarbeitenden während eines Events um alle Details, um so viel wie möglich an Fehlern zu vermeiden.

wmn: In welchem Sinne ist die Tokyo Fashion Week anders als andere Fashion Weeks? Was macht sie so besonders?

TFW: Wir haben unsere eigene Key-Art entworfen, um Tokios einzigartige Fashion-Kultur zu präsentieren. Wir haben außerdem viele unterstützende Programme, die es auch New-Comer:innen möglich macht, in das Business einzusteigen. Wir möchten auch weiterhin Talente unterstützen, welche das Potenzial haben, mit einem kleinen Schubs in die richtige Richtung in die Welt hinauszufliegen und welche die Möglichkeit haben, global etwas zu bewirken – national und international!

Die Tokyo Fashion Week aus der Sicht eines Models: Wie sieht sie die Veränderungen?

Um nicht nur die Sicht der Organisator:innen auf die Tokyo Fashion Week zu bekommen, haben wir auch mit einem Model über das Modeevent gesprochen. Das deutsche Model Marie Köhn ist schon auf den Laufstegen der Modemetropolen gelaufen. Momentan ist sie in Tokio. Wir haben sie über ihre Erfahrungen ein bisschen ausgefragt.

Marie ist ein deutsches Model, das bei der diesjährigen TFW gelaufen ist. Foto: Bild mit Genehmigung von Marie Köhn

wmn: Bist du bei einer Digital Show genauso aufgeregt wie bei einer „realen“?

Marie: Als Model empfinde ich bei jeder Show eine gewisse Aufregung und Nervosität, unabhängig davon, ob es sich um eine digitale oder reale Show handelt. Natürlich gibt es gewisse Unterschiede zwischen den beiden Formaten, aber am Ende geht es immer darum, die Vision des Designers bestmöglich umzusetzen.

Ich empfinde bei digitalen Shows eine erhöhte Aufregung im Vergleich zu realen Shows. Meist gibt es mehrere Kameras aus verschiedenen Perspektiven und Fehler sind hier einfacher sichtbar. Das Filmmaterial wird auch vermehrt als Werbematerial genutzt und hat somit auch eine größere mediale Präsenz.

Ein weiterer Vorteil einer realen Modenschau ist die Möglichkeit, die Atmosphäre und Stimmung der Kollektion besser zu erleben. Musik, Licht, Bühnenbild und die Anwesenheit von Prominenten können alle dazu beitragen, dass das Publikum sich stärker mit der Marke oder dem Designer identifiziert und sich an die Kollektion erinnert.

Ich persönlich liebe es, Shows zu laufen, da die Stimmung oft einzigartig ist. Auch wenn es hektisch und chaotisch zugeht, freut sich jeder auf den Moment der Show, auf den das ganze Team lange hingearbeitet hat.

Ich bin sehr gespannt, welche neuen Technologien und Trends in der Branche in den nächsten Jahren Einzug halten werden.

Marie auf der Tokio Fashion Week. Foto: FASHIONSNAP (Koji Hirano)

wmn: Unterscheidet sich die TFW aus deiner Sicht von anderen Fashion Weeks? Was ist so besonders an dieser?

Marie: Die Tokyo Fashion Week findet auf jeden Fall in einem kleineren Rahmen stattals die Fashion Week in London, Paris oder Mailand.

Ein besonderes Merkmal der TFW ist ihre Fokussierung auf aufstrebende Designer und Marken. Im Vergleich zu anderen Modewochen, bei denen oft bereits etablierte Designer präsentiert werden, bietet die TFW eine Bühne für aufstrebende Talente und ermöglicht dadurch mehr Platz für Kreativität und Innovation.

Ein weiteres Merkmal der TFW ist ihre einzigartige Ästhetik. Die japanische Mode hat eine lange Geschichte und ist bekannt für ihren unverwechselbaren Stil, der oft von Traditionen, Kunst und Kultur inspiriert ist. Die TFW spiegelt diese Ästhetik wider und präsentiert eine Mischung aus avantgardistischen, aber auch minimalistisch und futuristischen Designs. 

Insgesamt ist die TFW eine sehr interessante und inspirierende Veranstaltung, die einen Blick auf die vielfältige Modekultur Japans bietet.

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Tokyo Fashion Week: Der Vorreiter für die Zukunft der Mode?

Wie unsere beiden Interviews gezeigt haben, ist die Tokyo Fashion Week zwar nicht die Größte der Welt, arbeitet aber gerade wegen ihres kleineren Umfanges mit vielen Innovationen.

Bemerkenswert ist vor allem, dass auch kleineren Labels hier eine Plattform bekommen. Das fördert neben neuer Kreativität auch künstlerische Ergüsse. Vor allem der Digitalisierungs- und Innovationsaspekt der TFW scheint ein Trend zu sein, dem sicherlich viele Fashion Weeks im Laufe der Jahre sicherlich noch folgen werden.