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Upcycling & Kleidung: 3 Creator:innen im Gespräch mit wmn

Kaufst du neue Kleidung, oder setzt du lieber auf Upcycling? wmn hat sich mit Creator:innen über Nachhaltigkeit in der Mode unterhalten.

© Sebastian Brune, Judith Biedermann & Gia Bao Lai (M)

Nachhaltige Mode: Wie wird Sustainable Fashion produziert? | Ecoalf

Brendan James, Marketing Communications Coordinator bei Ecoalf, erklärt den Recyclingprozess, den das nachhaltige Modelabel bei der Produktion verwendet.

Die Modeindustrie hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Umwelt, vor allem Fast Fashion trägt hierzu bei. Gemäß dem UN-Umweltprogramm (UNEP) ist die Branche der zweitgrößte Wasserverbraucher und trägt etwa 10 % zu den globalen Kohlenstoffemissionen bei, mehr als alle internationalen Flüge und Schiffsreisen zusammen. Daher gewinnen in jüngster Zeit alternative Modetrends wie Vintage-Shopping, Second Hand und Upcycling von Kleidung an Bedeutung, insbesondere bei jungen Menschen, die ihre CO₂-Bilanz reduzieren möchten, um dem Klima nicht zu schaden.

wmn hat sich mit drei Creator:innen über das Thema unterhalten. Die Upcycling-Königin Paula alias Unlabeled, der Blogger Lukas Gold und der Designer Futurist haben uns erzählt, wie man modebewusst und nachhaltig zugleich sein kann.

Foto: Johanna Urbancik

Unsere Autorin Johanna befasst sich mit Themen, die unsere Gesellschaft gerade beschäftigen. Ihre Recherchen und Artikel findest du unter dem Tag #wmnRecherchen!

Nachhaltige Mode: Gibt es das eigentlich?

Es gibt nachhaltige Mode, die auf umweltfreundliche Materialien und Produktionsprozesse setzt und soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt. Im Gegensatz zur Fast Fashion, die auf schnelle Produktionszyklen und günstige Preise setzt, ist nachhaltige Mode oft teurer und hat demnach eine längere Lebensdauer.

Ob nachhaltige Mode tatsächlich besser als Fast Fashion ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen trägt sie dazu bei, die Umweltbelastungen der Modeindustrie zu reduzieren, da sie oft aus recycelten Materialien hergestellt wird und/oder auf Ressourcenschonung setzt. Zum anderen berücksichtigt sie oft auch soziale Aspekte wie faire Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung in der Produktion.

Allerdings ist auch nachhaltige Mode nicht perfekt und kann noch Verbesserungspotenzial haben, zum Beispiel in Bezug auf die Verwendung von chemischen Farbstoffen oder die Herkunft der Rohstoffe. Zudem kann auch hier Überkonsum ein Problem sein, wenn Menschen unnötig viele Kleidungsstücke kaufen und somit Ressourcen verschwenden.

Insgesamt ist es also empfehlenswert, auf nachhaltige Mode zu setzen und gleichzeitig bewusster und weniger konsumorientiert zu leben, um die Umweltbelastungen der Modeindustrie zu reduzieren.

Was ist Fast Fashion eigentlich?

Fast Fashion ist im Grunde genommen Kleidung, die superschnell und billig hergestellt wird, damit sie zu einem niedrigen Preis an die Verbraucher:innen verkauft werden kann. Bei dieser Art von Kleidung, die man beispielsweise bei Shein oder H&M sieht, gibt es ständig neue Kollektionen und Trends, die auf den Markt gebracht werden.

Wie schon erwähnt, ist die Modeindustrie der zweitgrößte Wasserverbraucher der Welt, da sie für etwa 10 % aller weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich ist. Im Grunde ist Fast Fashion schlecht für den Planeten, da sie eine Menge Abfall und Verschmutzung verursacht. Außerdem wird ein Großteil der Kleidung in schlechten Verhältnissen hergestellt, in denen die Arbeiter:innen sehr schlecht bezahlt werden und unter gefährlichen Bedingungen arbeiten müssen. Aus diesem Grund kaufen viele Menschen Secondhand-Kleidung oder betreiben Upcycling – eine Möglichkeit, umweltfreundlicher und sozialer zu handeln.

Kleidung ist ein großer Umweltverschmutzer und landet oft im Müll – dieser endet dann in Ländern, wie beispielsweise Bangladesch. (abgebildet) Foto: STORYPLUS/ Getty Images

Gerade in der Modewelt ist es einfach, sich von den unzähligen Trends beeinflussen zu lassen. So ist Werbung und Marketing ja auch konzipiert. Dennoch ist es wichtig, dass man, gerade, wenn es um Kleidung geht, darauf achtet, was einem selber gefällt.

Die Designerin und Upcyclerin Paula hält selber nicht sonderlich viel von Trends, genau aus diesem Grund. „Ein Trend kommt und geht sehr schnell, weshalb ich mich davon nicht allzu sehr leiten lassen will. Ich trage einfach das, worauf ich im Moment gerade Lust habe und vor allem, was mich inspiriert. Dann ist mir egal, ob das Kleidungsstück, dass ich im Second-Hand-Laden sehe, auch in den aktuellen Trends widergespiegelt wird. Generell würde ich aber sagen, Second Hand shoppen und das Verwerten von allem möglichen aus dem Haushalt (alte Schnüre, Klammern etc.) ist für mich ein zeitloser ‚Trend‘. Ich wünsche mir einfach, dass sich nicht zu viele von uns von Trends beeinflussen lassen würden, weil es unsere Individualität komplett zunichtemacht, die ja gerade das ist, was uns ausmacht„, erklärt sie.

Denn, was Trends häufig mit sich ziehen, ist die Schnelllebigkeit, die Paula auch schon erwähnt hat. So hat das Portal it fits – Organic Textile Partner berichtet, dass durch die niedrigen Preise Mode zu einem Wegwerfartikel wird. Jede:r Deutsche kauft sich durchschnittlich 60 neue Kleidungsstücke im Jahr. Jedes fünfte davon wird so gut wie nie getragen. Das führt dazu, dass in deutschen Privathaushalten jährlich 1,3 Millionen Tonnen Kleidung im Müll landen.

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Kann jeder seine Kleidung upcyclen?

Wer an Upcycling und Kleidung designen denkt, ist wahrscheinlich der Überzeugung, dass man dazu eine ganze Menge Talent braucht, oder? Nicht jede:r kann aus einem Stück Stoff ein stylisches Kleid oder Oberteil erstellen. Dem stimmt Paula allerdings nicht ganz zu. So erklärt sie, dass Talent hier ihrer Meinung nach das falsche Wort ist. „Das hört sich für mich immer so an, als wäre es nur für einen kleinen Prozentanteil dieser Menschheit bestimmt.“

Ist Upcycling der eigenen Kleidung also ein Trend für alle? Laut Paula braucht man hier nur eine Nähmaschine – gebraucht oder neu – und ein wenig Übung. Dem stimmt auch Lukas zu. Er fügt hinzu, dass auch der Austausch mit anderen Menschen, vor allem den Großeltern, wichtig ist. „Früher war es schließlich der Standard, dass Kleidung ein Leben hält“, erzählt er und fügt hinzu: „Sollte mal etwas kaputt gehen, dann wird das Piece umfunktioniert. Wenn eine Hose kaputt war, wurde sie eben geflickt.“ Und das muss auch nicht immer perfekt – oder wie neu – aussehen. „Gerade beim Upcycling ist es wichtig, sich vom Gedanken zu verabschieden, dass es immer perfekt sein muss. Meiner Meinung nach liegt der Charme vom Upcycling im Imperfekten, im Improvisierten und im Kreativen“, erklärt Lukas.

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Hat sich der Upcycling-Markt innerhalb der letzten Jahre gewandelt?

Creator:innen wie Paula, Lukas und Futurist haben ihre Leidenschaft zu einer Karriere gemacht. Sie designen Kleidung und befürworten einen nachhaltigen Umgang mit Kleidung und Mode. Nicht nur Einzelpersonen haben gemerkt, dass Upcycling der Kleidung und Nachhaltigkeit ein immer größeres Thema wird.

Unternehmen, wie beispielsweise Asos, AboutYou, Urban Outfitters verkaufen auch Vintage- und Second Hand Kleidung. Gerade im Fall Urban Outfitters unterscheiden sich die Preise allerdings kaum von einem neuen Kleidungsstück. Dem stimmt auch Paula zu: „Ich glaube, die Leute sind noch nicht zu 100 % von der Idee überzeugt. Zudem sind upcycelte Klamotten wesentlich teurer als die Verbraucher-übliche Fast Fashion, da die Produktion viel aufwändiger ist und es viel weniger Angebot an Produktionsstätten gibt.

So langsam verändert sich aber auch hier der Markt. Letztes Jahr hat der britische TV-Sender ITV eine Kooperation mit Ebay bei der damaligen Staffel der Reality-TV-Serie Love Island gestartet. Die Kandidat:innen haben anstelle von Fast Fashion Second Hand-Kleidung getragen. Auch dieses Jahr sponsert Ebay wieder die aktuelle Staffel, was zeigt, dass Nachhaltigkeit ein immer größeres Thema wird.

Auch der Designer Futurist stimmt dem zu. „Das wird natürlich auch Einfluss auf den Upcycling-Markt haben“, sagt er und betont die große Rolle, die Social Media hier spielt. „Vor allem auf Plattformen wie TikTok sieht man immer mehr Creator:innen, die ihre Klamotten selber umnähen und das Upcycling sehr wertschätzen.“

Upcycling und Second Hand Shopping: Diese Tipps haben die Creator:innen

Upcycling der Kleidung und Second Hand-Shopping ist meistens einfacher gesagt, als getan. Wir haben deswegen ein paar Tipps für dich von Paula, Lukas und Futurist.

Futurist

„Einer meiner Lieblings-Green Fashion-Trends ist definitiv online Second Hand-shoppen. Es ist wie thriften, nur, dass du gezielt nach deinen Klamotten suchen kannst. Die Online-Second Hand-Shops, die ich verwende, sind Depop, Vestiaire Collective und Vinted. Suchen tue ich meistens nach Suchbegriffen wie „Vintage“, „Cyber“, „Y2K“ oder bestimmte Marken.

Man sollte übrigens auf jeden Fall nicht mit zu viel Erwartungen und Wünschen in einen Vintage-Laden gehen. Meistens wird man dann enttäuscht und geht mit leeren Händen wieder nach Hause. Am besten wäre es, wenn man offen reingeht und es einfach auf sich zukommen lässt. Die Vorteile von Second Hand-Shopping sind auf jeden Fall, dass man einzigartige Teile zu einem günstigen Preis findet. Die Nachteile sind, dass man nicht genau weiß, was man erwarten kann.“

Der Designer und Creator Futurist mag thriften – auch online. Foto: Sebastian Brune

Paula

„Es ist wichtig, keine Angst vor alten Klamotten zu haben. Es gibt unfassbar viele Vorurteile gegenüber Second Hand-Läden, die alle nicht zutreffen. Wäscht man die Teile vor dem Tragen (was man bei neuen Klamotten übrigens genau so tun sollte!) kann man sie bedenkenlos tragen. Mein Tipp für Einsteiger: Nehmt euch erstmal eine Abteilung vor, wie zum Beispiel Jeans oder Jacken, und durchforstet diese. Es ist wie die Nadel im Heuhaufen zu finden. Das ist aber, finde ich, auch gerade das Coole daran!

Zudem gibt es mehr Vorteile an Second Hand-Kleidung, als Nachteile. Keine Kinderarbeit oder inhumane Arbeitsbedingungen, bessere Qualität, da Klamotten früher noch um einiges hochwertiger produziert wurden und natürlich einzigartige Pieces, die sonst niemand hat! Die einzigen Nachteile, die ich sehe, sind der erhöhte Zeitaufwand und die Größen, welche nicht individuell ausgewählt werden können. Dafür gibt es aber zum Glück die Nähmaschine.“

Wichtige Info zum Thema Kinderarbeit und Arbeitsbedingungen: Generell kann man nicht bestätigen, dass die Kleidung in Second Hand-Geschäften nicht von Kindern oder unter schlechten Bedingungen hergestellt worden sind. Man kann jedoch sagen, dass man durch den Kauf eines Second Hand-Teiles keine weitere Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen unterstützt. Die IAO schätzt nämlich, dass 170 Millionen Menschen Kinderarbeit verrichten, von denen viele Textilien und Bekleidung herstellen, um die Nachfrage der Verbraucher:innen in Europa, den USA und darüber hinaus zu befriedigen.

Paula ist großer Fan von einzigartigen Vintage-Kleidungsstücken. Foto: Paula/Unlabeled

Paula hat übrigens auch ein Buch über Upcycling-Ideen geschrieben. Ihr Buch, (Art)iculate Yourself: Maßgeschneidert auf dein Leben: Inspiration für kreative Outfits, Upcycling-Ideen und Nähtutorials. Von TikTok-Modedesignerin Unlabeled 🛒, wird am 29. März erscheinen und kann ab 18 € vorbestellt werden.

Lukas

„Ich würde euch raten, erstmal nach Basic Pieces zu schauen, bei denen die Größe sekundär ist. Gerade Jacken, Hemden oder T-Shirts sind meiner Meinung recht leicht zu finden, besonders, wenn man seinen Style etwas oversized mag. Ansonsten kann ich euch empfehlen, vorher Inspiration auf Pinterest zu suchen und dann einfach im Second Hand-Store vor Ort nachzufragen, ob sie ähnliche Pieces verfügbar haben. Die Mitarbeitenden sind eigentlich immer eine große Hilfe und beraten euch auch gerne.

Ein absoluter Vorteil beim Kauf von Second Hand-Kleidung liegt meiner Meinung nach in der Individualität. Jedes Piece erzählt eine eigene Geschichte und man kriegt es eben nicht in einem großen Fashion-Shop nachzukaufen. Dadurch hat man, wie ich finde, eine viel größere Bindung zu dem Fashion-Piece, da man es nicht einfach ersetzen kann. Allerdings hat Second Hand-Shopping auch ein paar Nachteile. Es ist oftmals mit einem großen Zeitaufwand verbunden, da man von Shop zu Shop geht und man teils gar nicht fündig wird. Außerdem gibt es die einzelnen Mode-Items in den Stores auch meistens nur in einer Größe, was die Auswahl nochmal einschränkt. Umso schöner ist dann allerdings das Gefühl, wenn man fündig wird!“

Der Blogger Lukas teilt einige seiner Second Hand-Shopping-Tipps mit dir. Foto: Leon Schleßelmann

Online oder im Geschäft: Wo kann man Second Hand-Kleidung kaufen?

Generell kann man gebrauchte Kleidung sowohl online als auch im Geschäft kaufen. Die drei Creator:innen empfehlen alle Plattformen, wie beispielsweise Vinted, Depop und Sellpy. Hierzu sagt Lukas: „Wenn ihr nach High Fashion-Pieces sucht und euch auch von den Styles anderer inspirieren lassen wollt, ist Depop hier eure Plattform.

Vinted ist meiner Meinung nach super, wenn man Basics sucht. Hier sei aber Vorsicht geboten, da es angeblich zunehmend Scam-Versuche auf der Plattform gibt.

Bei Sellpy habt ihr den Vorteil, dass ihr hier konkret nach Personen und deren Wardrobes suchen könnt. Grundsätzlich sei gesagt, dass ich bei teuren Designer-Pieces immer vorsichtig sein würde und das Ganze entweder bei einem akkreditierten Reseller wie Vestiare Collective shoppen würde und bei anderen Plattformen einen Gutsachtungsprozess mit hinzuziehen würde.“

Also: Second Hand-Shopping und Upcycling der eigenen Kleidung ist gar nicht so schwer und auch hier gilt: Je früher man anfängt, desto besser!

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