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Blinder Aktionismus gegen Rassismus: Prof unter Beschuss, weil er Chinesisch sprach

Ein Professor in den USA steht unter Beschuss, weil er in einer Vorlesung chinesisch sprach. Ist das etwa schon rassistisch?

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Er wird angeschuldigt, weil er chinesisch sprach. Bilder Aktionismus gegen "Rassismus"? Foto: /

Will man ein so wichtiges und komplexes Thema wie Rassismus angehen, gibt es zwei Todfeinde: Stillstand, aber auch blinder Aktionismus. Letzteres zeigt sich am Beispiel eines Uni-Professors, dem nun die Kündigung droht, weil er ein einfaches chinesisches Wort während einer Uni-Vorlesung nutzte.

Professor unter Beschuss, weil er Chinesisch spricht

Professor Greg Patton ist Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaftler an der University of Southern California. Während eines Online-Kurses zum Thema Kommunikation soll er das N-Wort genutzt haben. Ein anonymer Brief an die Unileitung fordert seine Entlassung. Dabei hat er Chinesisch gesprochen.

Glücklicherweise gibt es zu besagter Vorlesung ein Video, also was ist genau passiert? Patton erläuterte seinen Studenten gerade die Nutzung von Füllwörtern in Redepausen. Um dies zu Veranschaulichen, zeigte er Beispiele. 

Im Chinesischen ist das gängige Füllwort „nei ge“ (das), also macht er es vor und sprach “nei ge” schnell nacheinander aus. Für englischsprachige Zuhörer hörte sich das Wort allerdings wie das N-Wort an.

Hier ist das Video.

Uni erhält empörten Brief

Daraufhin wurde ein empörter, aber anonymer Brief an die Unileitung geschrieben von den “Schwarzen MBA-Teilnehmern”. Darin erklären sie: 

This phrase, clearly and precisely before instruction is always identified as a phonetic homonym and a racial derogatory term, and should be carefully used, especially in the context of speaking Chinese within the social context of the United States […] The way we heard it in class was indicative of a much more hurtful word with tremendous implications for the Black community.”

Die Beschwerdesteller haben also durchaus verstanden, dass er Chinesisch sprach, sind aber der Meinung, dass er bei der Nutzung des Wörtchen “nei ge” hätte vorsichtiger sein sollen und vorher darauf hätte hinweisen sollen, wie es zu verstehen ist.

Nur wenige Tage später gab es eine E-Mail an alle Studenten, dass sein Kurs von einem anderen Professor übernommen wird. Auch entschuldigte sich die Universität für das Fehlverhalten des Professors. Seine anderen Kurse darf er vorerst weiter unterrichten.

Er selbst entschuldigt sich und erklärt, er hätte das Wort in einer früheren Klasse von internationalen Studenten gelernt und angewendet, um inklusiver zu unterrichten.

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Und der Fall geht viral

Auf Social Media geht der Fall viral und ganz besonders in China herrscht Unverständnis über das Vorgehen der Universität. Es ist schließlich kein Verbrechen, chinesisch zu reden, insbesondere, wenn man es vorher einleitet.

Ein Yale-Professor macht sich für Patton stark.

Auch andere Professoren stellten sich auf die Seite von Greg Patton, die Aussprache und auch das linguistische Beispiel seien korrekt gewesen.

„Lost in Translation“

Wenn Übersensibilisierung die echten Probleme überschattet

Und wieder einmal geht ein “Fall von Rassismus” viral, der die echten Probleme überschattet. Dabei liegt die Schuld nicht bei den Beschwerdeeinreichern, sondern bei dem Krisenmanagement der Universität.

Anschuldigungen von Fehlverhalten ihrer Lehrenden sollten immer ernst genommen werden, sie sollten untersucht und entsprechend geahndet werden. 

Eine Entschuldigung und die Suspendierung der Lehrkraft ist eine reine Ausweichtaktik und ein gefährliches Zeichen. Denn anstatt alle potenziellen Probleme zu umschiffen, sollten wir darüber sprechen. Ausweichen heißt, Probleme zu ignorieren. Aber erst, wenn wir uns damit auseinander setzen, können wir sie lösen.

Wirkliche Probleme mit Rassismus? Hier erklärt unsere Redakteuerin, warum sie nicht gern Urlaub auf dem Land macht und wie sich in Deutschland Alltagsrassismus zeigt.