Veröffentlicht inMindfulness

Alles alleine schaffen? Dieser traurige Grund steckt hinter deiner Hyper-Independence

Hyper-Independence ist unter jungen Frauen weit verbreitet. Auf den ersten Blick ist das stark – doch der Hintergrund ist traurig.

© Andrea Piacquadio von Pexels via Canva.com

8 Tipps für mehr Selbstfürsorge im Alltag

Selbstfürsorge im Alltag geht einfacher als du denkst.

Du kannst alles alleine und brauchst keine Hilfe dabei, deine Möbel aufzubauen oder deine Waschmaschine anzuschließen? Herzlichen Glückwunsch – mir geht das ganz genauso! Was total cool und stark klingt, hat allerdings einen ziemlich traurigen Hintergrund, den ich selbst erst sehr spät verstanden habe. Die sogenannte Hyper Independence ist eher ein Zeichen für etwas ganz anderes als einfach nur Unabhängigkeit. Was dahintersteckt und wie du damit umgehen kannst.

Lies auch: Mindful Manifestation: Achtsam Ziele setzen ohne Stress und Druck

Das steckt hinter der Hyper-Independence

Hyper-Independence bedeutet, dass du dich extrem auf dich selbst verlässt – oft aus Angst, anderen zur Last zu fallen oder enttäuscht zu werden. Während gesunde Unabhängigkeit für ein stabiles Selbstbewusstsein steht, kann die extreme Form ein Schutzmechanismus sein, der aus emotionalen Verletzungen resultiert.

Psycholog:innen sehen darin häufig eine Reaktion auf traumatische Erfahrungen oder unsichere Bindungen in der Kindheit. Wenn du zum Beispiel früh lernen musstest, dass du dich auf andere nicht verlassen kannst, kann dein Gehirn später versuchen, dich durch radikale Selbstständigkeit zu schützen. Studien zeigen, dass insbesondere Kindheiten mit emotionaler Vernachlässigung oder instabilen Bezugspersonen zur Hyper-Unabhängigkeit führen können.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

4 Anzeichen für extreme Unabhängigkeit

Ein gewisses Maß an Unabhängigkeit ist gesund und kann gerade für uns Frauen ein großes Stück Selbstermächtigung und Freiheit bedeuten. Ich hatte bei meinem letzten Umzug auch keine Lust darauf zu warten, dass mir jemand meine Lampen aufhängt und hab es ganz selbstverständlich selbst erledigt. Als ich das meinen Freundinnen erzählte, blickte ich in große Augen – die ein oder andere wartete dagegen mit dem fest verschlossenen Gurkenglas darauf, dass ihr Partner nach Hause kommt. Für mich undenkbar!

Wenn du dir unsicher bist, ob es sich bei dir um Hyper-Independence handeln könnte, schau doch mal, ob du dich in diesen Aussagen hier wiederfindest. Je öfter du bestätigend nickst, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit:

  • Du fragst selbst enge Freund:innen nie um Hilfe – selbst, wenn du überfordert bist.
  • Du teilst deine Sorgen kaum, weil du denkst, „es bringt ja eh nichts“.
  • Du fühlst dich unwohl, wenn du auf andere angewiesen bist oder sie sich um dich kümmern.
  • Du empfindest Schwäche oder sogar Scham, wenn du mal Hilfe brauchst.

Was ist das Problem an Hyper-Independence?

Auf Dauer führt dieses „alles-alleine-schaffen-wollen“ zur kompletten Erschöpfung. Wir brauchen manchmal einfach ein bisschen Unterstützung. Auch wenn sie nur daraus besteht, dass jemand das Brett festhält, in das wir bohren wollen. Es geht nicht darum, nichts mehr alleine zu können – sondern darum, in der Lage zu sein, um Hilfe zu bitten und sie anzunehmen, wenn wir sie wirklich brauchen. Außerdem: Durch gegenseitige Unterstützung entsteht auch echte Nähe. Wenn du deinen Freund:innen oder Partner:in nie erlaubst, für dich da zu sein, hältst du sie auf Abstand und stehst damit tiefen Verbindungen im Weg.

Wie du gesünder mit deiner Hyper-Independence umgehen kannst

1. Erkenne deine Muster: Der erste Schritt ist, überhaupt zu bemerken, wann du dich bewusst von Unterstützung abschottest. Frage dich: Was macht mir so Angst daran, Hilfe anzunehmen?

2. Kleine Schritte zur Verbindung: Beginne im Kleinen – frag eine Freundin, ob sie dich zu einem Termin begleitet, oder teile etwas Persönliches mit ihr. Die Erfahrung, dass du damit nicht schwächer, sondern stärker wirst und sie sich über dein Vertrauen freut, verändert oft schon viel.

3. Psychologische Unterstützung: Wenn du merkst, dass deine Unabhängigkeit stark mit alten Wunden verbunden ist, kann Therapie helfen. Besonders hilfreich sind hier traumasensible Ansätze oder die Schema-Therapie, die sich gezielt mit früh erlernten Schutzmechanismen befasst.

4. Übe Selbstmitgefühl: Es ist nicht deine Schuld, dass du gelernt hast, dich auf niemanden zu verlassen – aber du darfst dir heute etwas anderes erlauben.

Du magst unsere Themen? Dann lies uns auch bei Google News.

Du musst nicht alles alleine können

Auch mal Hilfe zu brauchen und etwas nicht alleine zu können, ist völlig normal. Das Schwierigste an der Hyper-Independence ist, genau das zu verstehen und zu merken: Ich bekomme Hilfe, wenn ich sie einfordere und annehme. Wenn du dir über viele Jahre eine extreme Unabhängigkeit angeeignet hast, dann verurteile dich jetzt nicht dafür, dass du sie nicht innerhalb kurzer Zeit wieder loswirst. Du hast dein Verhalten an deine Erfahrungen adaptiert – das ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Jetzt gib dir auch Zeit, Schritt für Schritt wieder Vertrauen zu fassen.

Credit: tanya lopez photography

Von John Strelecky über Brianna Wiest bis Stefanie Stahl: Sarah beschäftigt sich intensiv mit Achtsamkeit und Persönlichkeitsentwicklung. Alle Tipps hat sie natürlich selbst ausprobiert und sucht immer weiter nach neuer Inspiration für ein bewusstes und erfülltes Leben.