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Narzisstische Depression: Wie verhält sich ein depressiver Narzisst?

Krankhafter Narzissmus kann zur Depression führen und depressive Phasen zu Narzissmus? Wie beides miteinander zusammenhängt, liest du hier.

Depressiver Narzissmus Frau hält Scherbe in der Hand
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Narzissmus und Depression – eine Persönlichkeitsstörung und eine psychische Erkrankung, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten. Treten sie gemeinsam auf, spricht man von depressivem Narzissmus. Betroffene leiden oft unter einem geringen Selbstwertgefühl und starken Selbstzweifeln. Sie können einerseits nach Bewunderung streben, andererseits fühlen sie sich aber oft minderwertig und unzulänglich. Es entsteht ein Teufelskreis, der bislang nur wenig erforscht ist.

Depressiver Narzissmus – Definition

Depressiver Narzissmus ist ein Begriff, der zwei psychologische Zustände zusammenbringt: Narzissmus und Depression. Bei der narzisstischen Persönlichkeitsstörung denkt man normalerweise an übermäßiges Selbstbewusstsein, doch in Verbindung mit Depression sieht das anders aus.

Einerseits kann das ständige Streben nach Anerkennung und Perfektion, das für Narzissten typisch ist, zu Frustration und letztendlich zu Depression führen. Andererseits kann eine depressive Stimmung die narzisstischen Züge verstärken, da sich die Person noch mehr nach Anerkennung sehnt, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Es entsteht sozusagen ein Teufelskreis, aus dem es schwer ist auszubrechen.

Dr. med. Lukas Zabel hat sich in seiner Dissertation der narzisstischen Depression gewidmet. Bei Betroffenen konnte er Gefühle wie Minderwertigkeit, Langeweile und Scham feststellen. Sie gehören nicht zu den klassischen Symptomen einer Depression, weshalb sie als eine Sonderform angesehen werden.

Frau umarmt Spiegel
Narzissmus äußert sich in vielen individuellen Facetten. Foto: Pexels / Megan Ruth

Depressiver Narzissmus – mögliche Symptome im Check

Bei depressivem Narzissmus kommen Symptome beider Störungsbilder zusammen. Das sind auf der einen Seite narzisstischen Züge wie das Bedürfnis nach Anerkennung und Überlegenheitsgefühle. Auf der anderen Seite erleben diese Menschen typische Symptome der Depression wie Traurigkeit, Interessenverlust und Antriebslosigkeit.

Es kann auch zu Schwankungen zwischen Selbstüberschätzung und extremer Selbstkritik kommen. Diese Kombination macht es besonders schwierig, den depressiven Narzissmus zu erkennen und zu behandeln. Auch für Betroffene ist der Zustand sehr anstrengend, da sie ihre Gefühlswelt einer Achterbahn gleicht.

Aktueller Forschungsstand

Genau diese Diskrepanz macht es so schwer, die Mischform zwischen Narzissmus und Depression zu entdecken. Die Forschung zu depressivem Narzissmus steckt noch in den Kinderschuhen, aber es gibt spannende Forschungsansätze und erste Erkenntnisse.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, wie sich beide Zustände gegenseitig beeinflussen und verstärken können. Es wird angenommen, dass die narzisstischen Züge als eine Art Schutzmechanismus fungieren können, der aber bei Stress oder Kritik zusammenbricht.

Die Folge: Sie führen zu depressiven Symptomen. Die Depression bei Narzissten zeigt sich dann oft in Form von Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Gefühlen der Wertlosigkeit oder extremer Sensibilität gegenüber Kritik.

Kann ein Narzisst wirklich depressiv sein?

Narzissmus ist nicht nur das Bild des selbstverliebten, überheblichen Menschen, wie es oft dargestellt wird. Tief im Inneren können Narzissten sehr verletzlich sein und unter einem geringen Selbstwertgefühl leiden. Ihre narzisstischen Verhaltensweisen – wie das Streben nach Anerkennung und Bewunderung – können manchmal Versuche sein, diese inneren Unsicherheiten und Ängste zu überspielen.

Das heißt: Ja, ein Narzisst kann tatsächlich auch depressiv sein. Auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht etwas widersprüchlich klingen mag, weil wir Narzissmus oft mit übertriebenem Selbstbewusstsein und einem starken Ego in Verbindung bringen.

Wenn diese Strategien jedoch scheitern oder wenn Narzissten auf Kritik oder Ablehnung stoßen, können sie sehr empfindlich reagieren. Solche Erfahrungen können depressive Gefühle auslösen, vor allem wenn das Selbstbild des Narzissten bedroht ist. Ihre depressive Seite verbergen sie allerdings oft vor anderen. Sie möchten nach außen hin stark und selbstbewusst erscheinen. Daher wird die depressive Komponente ihres Erlebens oft übersehen oder missverstanden.

Depressiver Narzissmus: Zusammenspiel aus Narzissmus und Depression

Depressiver Narzissmus ist also ein komplexes Thema, das noch viele Fragen aufwirft. Es zeigt, wie wichtig es ist, psychische Erkrankungen nicht isoliert zu betrachten, sondern das Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu berücksichtigen. Falls du denkst, dass du oder jemand, den du kennst, davon betroffen sein könnte, ist es wichtig, professionelle Hilfe zu suchen. Nur so kann man verstehen, was im Inneren vor sich geht und wie man am besten damit umgeht.