Veröffentlicht inPsychologie

#BookoftheWeek: Lass uns Suizidprävention (in Büchern) normalisieren

Alles rund um das Thema Suizid ist in unserer Gesellschaft noch immer ein absolutes Tabu. Doch mittlerweile gibt es Bücher, die dieses Thema in ungemein guter Weise aufgreifen. Genau über diese Schätze schreibt unsere Autorin heute in ihrer Kolumne #BookoftheWeek.

Suizidprävention
Suizidprävention sollte überall intensiviert werden – auch auf dem Buchmarkt. Foto: MASKOT / IMAGO via canva

Disclaimer und Triggerwarning: In diesem Artikel werden Themen wie Suizid und psychische Krankheiten behandelt. Wenn du Hilfe brauchst, dann wende dich bitte an eine Vertrauensperson oder die Telefon-Seelsorge. Diese ist jederzeit erreichbar und kann dir auch anonym helfen: 0800 1110111.

Mal ehrlich: Wie viele Bücher kennst du, die Suizid oder Suizidprävention in irgendeiner Weise behandeln? Ich persönlich kenne nur eine Handvoll und genau da liegt das Problem: Das Thema Suizid wird noch immer stillgeschwiegen. Der Welttag der Suizidprävention am 10. September ist dazu da, um auf genau diesen Missstand aufmerksam zu machen. Welcher Anlass wäre also besser, als ein unglaublich gutes, tiefgründiges und toll aufbereitetes Buch vorzustellen, welches genau dieses Thema behandelt?

Wie Bücher bei der Suizidprävention helfen können

Suizidprävention kann helfen, die Suizidrate zu senken. Und alleine das Sprechen über dieses Thema ist hilfreich dafür, dass sich manche Menschen besser und vor allem auch gesehen fühlen. Für viele ist das Sprechen über diese tabuisierten Aspekte allerdings unglaublich schwierig. Doch ein Buch kann Abhilfe schaffen: Man kann sich zwischen die Zeilen fliehen und fühlt sich auf einmal nicht mehr so alleine, man fühlt sich gesehen und findet vielleicht sogar Mut, es den Charakteren gleichzutun und über seine emotionalen und psychischen Probleme zu sprechen. Unterschätze niemals die Macht der Bücher!

Aber wie schon zuvor erwähnt, gibt es noch viel zu wenige Bücher, die sich mit genau diesem Thema beschäftigen. Natürlich ist es eine Gradseilwanderung und natürlich ist das Thema in Buchform auch nicht für jeden etwas. Trigger-Warnungen zu Beginn des Buches sind deshalb unabdingbar, meiner Meinung nach. Zum Glück fügen viele Bücher diese mittlerweile hinzu und bieten somit eine Warnung für die Leser:innen, dass hier mit sensiblen Themen umgegangen wird. Im Book of the Week ist das genau der Fall – hier dreht sich alles um Depressionen, psychische Krankheiten und Suizid. Und genau das macht dieses Buch so wichtig.

„All The Things We Never Said“ von Yasmin Rahman: Suizidprävention in Form von Literatur

An den deutschen Buchmarkt: Bitte beeilt euch, dieses Buch in die deutsche Sprache zu übersetzen. Denn momentan existiert das Book of the Week nur in Englisch. Das bedeutet allerdings nicht, dass es man es sofort vergessen sollte. Denn für manche ist dieser Abstand zur eigenen Muttersprache eine gute Möglichkeit, um mit den sensiblen Themen, die im Buch thematisiert werden, besser umzugehen.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Amazon Kindle, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Nun aber zum Buch an sich: Die 16-jährige Mehreen Miah muss mit Anxiety und Depressionen umgehen, welche sie liebevoll das ‚Chaos‘ nennt. Dieses Chaos übernimmt ihr Leben bis zu dem Punkt, an dem sie nicht mehr weiter weiß und auch nicht weitermachen möchte. In ihrer Verzweiflung tritt sie der Website MementoMori bei, welche dafür konzipiert ist, Menschen Partner:innen zuzuteilen, mit denen sie gemeinsam in den Tod gehen können. MementoMori gibt dieser Gruppe dann ein Todesdatum und die Methode, mit denen der Suizid begangen werden soll und nennt diese Regeln ‚den Pakt‘.

Sinn dieser Website: Man soll nicht alleine in den Tod gehen. Mehreen wird mit Cara und Olivia gepaart, welche beide ihr eigenes Päckchen zu tragen haben. Die Mädchen treffen sich über die nächsten Tage heimlich und entwickeln eine tiefe Freundschaft, da sie miteinander offen über das reden können, was sich sonst nur in ihren Köpfen abgespielt hat. Es dauert nicht lange, bis sie bemerken, dass das Leben doch absolut lebenswert ist und sie aus dem Pakt herauswollen. Nur hat die Website andere Vorstellungen…

Wie Freundschaft das Leben retten kann

Als ich das erste Mal dieses Buch gelesen habe, musste ich es oft zur Seite legen und tief durchatmen. Denn ja, der Inhalt ist hart. Und auch die Themen sind hart. Aber deshalb ist es umso wichtiger, dass man weiterliest und sich von den liebenswerten Charakteren zeigen lässt, dass das Leben mit den richtigen Menschen an der Seite so viel lebenswerter ist, als die dunklen Zeiten den Anschein machen.

Das Buch wird aus den drei Perspektiven der Mädchen geschrieben und die Typografie ändert sich bei jedem Kapitel. Dadurch kommt nicht nur Abwechslung in den Lesefluss, man assoziiert die verschiedenen psychischen Krankheiten auch mit einem gewissen Erscheinungsbild. Denn dieses Erscheinungsbild wird immer und immer weniger, je mehr die Mädchen sich gegenseitig ‚heilen‘. Während des ganzen Buches möchte man zwischen die Seiten springen und die Mädchen in den Arm nehmen, ihnen helfen und für sie da sein. Doch genau das machen die drei irgendwann füreinander.

Frauen umarmen sich
Freundschaften und enge Verbindungen können extrem helfen. Foto: IMAGO / MASKOT

Der Suizidgedanke brachte die drei Protagonistinnen dieses Buches zusammen. Doch diese schreckliche Gemeinsamkeit erschafft etwas Wundervolles: Eine Freundschaft, die von Support und Zusammengehörigkeit geprägt ist. Dieses Buch zeigt in einem beeindruckenden Maße, dass niemand je wirklich allein ist und was die Kraft der Freundschaft und der Verbundenheit alles schaffen kann. Im Buch haben die Mädchen Zeit, um sich zu überlegen, was sie tun wollen, als sie nicht aus dem Pakt herauskommen. Doch das ist im echten Leben nicht so. Umso wichtiger zeigt diese Geschichte, dass nach ausreichender Überlegung hoffentlich der Lebenswille siegt.

„All The Things We Never Said“: Suizidprävention und das Zelebrieren des Lebens

Wenn du planst, dieses Buch zu lesen, dann mache dich vorher mit der Trigger-Warnung vertraut. Doch wenn du dich bereit fühlst, All The Things We Never Said zu lesen, dann wirst du es nicht bereuen. Nicht nur Suizidprävention wird in diesem fiktionalen Buch großgeschrieben, sondern auch die Freude am Leben und die Sicht auf die Hinterbliebenen, die im Endeffekt eigentlich nur helfen wollen und oft einfach nicht wissen, wie.

All The Things We Never Said zelebriert das Leben in einer bewegenden Art und Weise und von einem Standpunkt aus, den viele so vielleicht noch gar nicht gesehen haben. Suizid ist nicht die Lösung, das kommt zwischen den Zeilen des Buches deutlich hervor und es zeigt uns auch, dass man mit den richtigen Menschen an der Seite alles schaffen kann. Eine ganz große Empfehlung für Menschen, die sich verbunden fühlen wollen, die hilflos sind oder einfach Teil der Suizidprävention und Enttabuisierung dieses Themas werden wollen.

Mehr Kolumnen gefällig?

Die mit dem Einkaufswagen 🛒 gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Die Produkte werden nach dem besten Wissen unserer Autor:innen recherchiert und teilweise auch aus persönlicher Erfahrung empfohlen. Wenn Du auf so einen Affiliate-Link klickst und darüber etwas kaufst, erhält wmn eine kleine Provision von dem betreffenden Online-Shop. Für Dich als Nutzer:in verändert sich der Preis nicht, es entstehen hierdurch keine zusätzlichen Kosten. Die Einnahmen tragen dazu bei, Dir hochwertigen, unterhaltenden Journalismus kostenlos anbieten zu können.