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Abtreibungen & Corona: Diese Probleme kommen auf ungewollt Schwangere jetzt zu

Nicht dringliche OPs werden verschoben dank Corona. Aber wie sieht es mit ungewollten Schwangerschaften aus? Sind Abreibungen noch problemlos möglich?

Schwangerschaftstest schwanger werden
Erhöhe die Chance auf eine Schwangerschaft. Foto: istock/FotoDuets /

Wer von euch einen regulären OP-Termin für April hatte, wird vermutlich schon eine Absage oder Verschiebung vom Arzt mitgeteilt bekommen haben, denn: Alle nicht dringlichen oder lebensnotwendigen Operationen dürfen und müssen verschoben werden, wenn Praxen ausgelastet sind.

Aber wie ist das mit einer ungewollten Schwangerschaft und gilt eine Abtreibung in Corona-Zeiten als lebensnotwendig? So sieht es die aktuelle Gesetzeslage:

Abtreibungen in Deutschland

Schon ohne Corona ist es nicht ganz einfach, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen, denn laut Gesetz sind Abtreibungen in Deutschland noch immer rechtswidrig. Die Regierung duldet sie nur. Das bedeutet für die betroffenen Frauen einen bürokratischen Zettelkrieg und für Ärzte Werbungsverbot. 

Das wäre der normale Weg für einen Schwangerschaftsabbruch:

  • Der erste Anlaufpartner wäre der Frauenarzt. Im besten Fall kann dieser eine Erstberatung durchführen. Allerdings gibt es in Deutschland nicht mehr viele Ärzte, die sich das trauen und die Schwangere muss selbst einen Arzt oder eine Klinik finden, die das kann.
  • Anschließend muss jede Frau eine Schwangerschaftskonfliktberatung machen, diese muss mindestens 3 Tage vor dem Abbruch liegen. Ohne die Beratung und den Beratungsschein gibt es auch keine Abtreibung. 
  • Vor dem Eingriff muss noch eine gesundheitliche Untersuchung gemacht werden.
  • Bis zur 14. Schwangerschaftswoche (= 12. Empfängniswoche) darf in Deutschland abgetrieben werden, danach nur noch, wenn eine Gefahr für das Leben der Schwangeren besteht oder das Kind mit gesundheitlichen Schäden geboren wird.

Mehr zu Rechtslage und Fristen bei Abtreibunegn gibt es hier.

Frau Atemschutzmaske Corona
Corona erschwert den Weg zu einem Schwangerschaftsabbruch enorm. Patientinnen unter Coronaverdacht oder mit Corona haben es fast unmöglich.(Photo: istock, tolgart)

Das ändert sich bei Abtreibungen in Zeiten von Corona

Derzeit gelten Abtreibungen in Deutschland zwar nicht als lebensnotwendig, werden aber noch durchgeführt, anders als in Texas zum Beispiel, wo Abtreibungen einfach verboten wurden. Allerdings führen das Kontaktverbot und die Auslastung der Kliniken zu vielen Hürden für betroffene Frauen:

1. Schwangerschaftskonfliktberatung & Corona

Die staatlich anerkannten Beratungsstellen haben durch das Kontaktverbot für Besucher geschlossen. Hierfür hat sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey mit den Ländern in Verbindung gesetzt und eine telefonische oder online Beratung beschlossen. 

Per Telefon oder Skype können jetzt also Beratungen durchgeführt werden. Die Bescheinigungen kommen dann per Post einige Tage später.

Problematisch:

  • Zwischen der Beratung und Ausstellung des Scheins können wieder einige Tage vergehen, die es erschweren, die Fristen einzuhalten.
  • Noch nicht alle Bundesländer haben dem Vorgehen zugestimmt.

2. Ärztliche Untersuchung & Corona

Vor dem Abbruch muss eine ärztliche Untersuchung erfolgen, um mögliche Risiken für den Schwangerschaftsabbruch abzuwägen. Allerdings haben immer mehr Praxen geschlossen oder nehmen nur noch Notfallpatienten auf. 

Problematik:

  • Unter Coronaverdacht darf die Praxis nicht betreten werden.
  • Ob die Schwangere einen Termin bekommt, liegt an der Einschätzung der Dringlichkeit des Arztes oder der Praxis.
  • 60 % der Schwangerschaftsabbrüche werden von Frauen mit Kindern durchgeführt. Die Kinderbetreuung ist momentan ein echtes Problem.

3. Der Schwangerschaftsabbruch & Corona

Es gibt zwei verschiedene Arten, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden kann: Entweder durch die Einnahme von Medikamenten oder durch eine Ausschabung. Die Ausschabung ist ein medizinischer Eingriff und ab der 9. Woche übliche Praxis.

Problematik:

  • Kliniken behandeln weniger Patienten auf einmal. Das heißt längere Wartezeiten.
  • Sollten per Gesetz nur noch lebensnotwendige Operationen durchgeführt werden dürfen, dann werden Abtreibungen (Ausschabungen) gar nicht mehr vorgenommen. Ob die Abtreibung per Pille dann noch zulässig ist, bleibt offen.
  • Arztpraxen fehlt es an Schutzausrüstung.
  • Ein Coronafall oder –verdacht erschwert die OP.
  • Einige Kliniken oder Praxen fallen wegen Quarantäne weg.
  • Ob eine Abtreibung dringlich ist, wird von Arzt zu Arzt entschieden und ist nicht gesetzlich geregelt.

Frau schwarz weiß
Gewalt gegen Frauen wird in der Coronakrise immer schlimmer.(Photo: istock/GeorgePeters)

Ärzte warnen vor mehr Vergewaltigungen oder unsicheren Abtreibungen

In anderen Ländern ist bereits deutlich geworden, dass häusliche und sexuelle Gewalt durch die Kontaktsperre gestiegen sind. Alicia Baier von Doctors for Choice geht davon aus, dass auch die Zahl der ungewollten Schwangerschaften durch Vergewaltigung steigen werden. 

Zudem befürchtet sie, dass viele Frauen zu unsicheren Methoden greifen werden, aus Angst, nicht fristgerecht einen Termin zu bekommen. Diese können bleibende Schäden hinterlassen oder sogar zum Tod führen.

Eine Lösung wäre Telemedizin

In Kanada müssen Frauen gar nicht mehr zum Arzt, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Stattdessen können sie sich in der Apotheke die entsprechenden Medikamente selbst holen und diese im Videochat unter Begleitung des Arztes einnehmen.

Das deutsche Abtreibungsgesetz hat hierfür keine Regelungen. Die Politik müsste also zu diesem Vorgehen Stellung beziehen. Allerdings würde die Telemedizin die Kliniken entlasten und das Ansteckungsrisiko minimieren. 

Die Situation in Deutschland ist also erschwert und die Option im Ausland abzutreiben ist durch die Grenzschließungen auch nicht mehr möglich. Derzeit ist die Politik noch in der Diskussion. Ein zeitnahes Modell nach dem kanadischen Vorbild wäre wünschenswert.

Hier gibt es mehr Informationen zu dem Thema & Hilfstellen: