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Rollenklischées – keine Veränderung bei Disney von den 30ern bis heute?

Diese 6 Rollenklischéeswerden beinahe in jedem Disney-Film propagiert. Wir zeigen dir die 6 größten Stereotypen der Kinderfilm-Dynastie.

Elsa
Krebse geben alles für ihre Familie – genauso wie die Eiskönigin Elsa. Foto: IMAGO / Everett Collection

Das persönliche Frauenbild setzt sich aus verschiedensten Einflüssen zusammen, die sich nach und nach aus unserem direkten Umfeld, den sozialen Medien, dem kulturellen Umfeld und natürlich den eigenen Charakterzügen. Die meisten von uns sind mit Disneyfilmen aufgewachsen – von Schneewittchen über Belle bishin zu Moana kennen und lieben die meisten die Disney Prinzessinnen.

Ist Disney wirklich nur eine harmlose Form der Massenunterhaltung oder steckt mehr dahinter? Wir gehen den unverkennbaren Rollenklischées Disneys auf den Grund und klären, ob die moderne Frau überhaupt noch etwas von den Disney-Ladys lernen sollte.

Disneys Rollenklischées ziehen sich hartnäckig durch

Die Disney-Märchen-Ära begann 1937 mit dem Film Schneewittchen und die sieben Zwerge. Damals herrschte ein noch viel patriarchaleres Denken in der Welt als das heute der Fall ist – Und das erkennt man auch bei den Disneyfilmen. Bis heute sind sie jedoch ein Milliardengeschäft, welches die Sichtweise junger Mädchen und Jungen prägt. Auch wenn die Disneyfilme heute ganz anders aussehen als damals, sind sie teilweise doch immer noch veraltet. Im Folgenden werden wir uns genauer anschauen, wo sich die alten Strukturen in den Disneyfilmen noch immer zeigen.

Mulan Songtext
Das Lied „Ehre für das Haus“ beschreibt das Verhalten der idealen chinesischen Frau.

Das sind Auszüge aus dem beliebten Disneyfilm Mulan. Es geht in dem Song darum, wie sich eine Frau zu verhalten hat, wenn sie von einer Heiratsvermittlerin auf den Heiratsmarkt geschickt wird. Sie soll die perfekte Hausfrau sein, sich dabei immer adrett und arbeitsam verhalten. Das Lied macht zudem klar, dass einer Frau höchster Wunsch ist, sich einen guten Mann zu angeln und diesen zu ehelichen.

Sicher, dieser Auszug stellt lediglich eine Repräsentation von Chinas Kultur aus dem fünften Jahrhundert dar. Umso überraschender ist es, wie präzise dieses Lied die Einstellung der Disney-Autor:innen über das Verhalten einer Frau darstellt. Das Frauenbild wird bei Disney mit Hilfe einer bestimmten Formel aufgestellt. Jede Disney-Prinzessin folgt – mal mehr, mal weniger – diesem Rollenklichée.

Die Disney-Formel

Wir schreiben das Jahr 2001. Die Autorin Janet Wasko entdeckt die sogenannte “Disney Formel”; ein Schema, welches zuverlässig das Gros der Disneyfilme beschreibt. Die Formel besteht aus folgenden wichtigen Zutaten:

  • Heiterkeit, singen und tanzen (leichte Unterhaltung)
  • eine vorhersehbare Handlung mit klarer Rollenverteilung zwischen Gut und Böse
  • ästhetische Charaktere
  • Tiere wirken intelligent und menschlich
  • Frauen sind schön und Männer sind stark
  • Humor
  • eine bestimmte vorhersehbare Geschichte, die bestimmte Werte und eine Moral vertritt
  • sentimentaler Modernismus

Sentimentaler Modernismus: Dieses Stilmittel wird oft in Schlagern, Trivialliteratur, Schulzen und Kitsch verwendet. Sie bedienen ursprüngliche Grundbedürfnisse und verbreiten immer einen Feelgood-Charakter. Die Disney-Märchen erfüllen diese Klischées, obwohl andere Märchen das nicht tun. Bei Disney werden Geschichten oft so sehr verändert, dass sie ihren schaurigen Charalter verlieren und stattdessen ein Happy End haben.

Was ist so schlimm an der Rolle der Frau in Disneyfilmen?

Klingt doch nach harmlosen und spaßigen Kinderfilmen, nicht wahr? Doch schaust du dir die Rolle der Frau bei Disney einmal ganz genau an, wird dir schlagartig mulmig zumute. Gefühlsgesteuert, naiv und ihren Männern hörig – das sind die Attribute, die auf die allermeisten “Disney-Prinzessinnen” zutreffen. Wir zeigen dir auf, wie sehr sich diese Rollenklischées in Disney-Filmen festgefressen haben.

Mulan und Papa
Mulan kehrt nach geschlagener Schlacht zu ihrer Familie zurück – um was zu tun? Zu heiraten natürlich!

Disney-Klischee 1: Das Glück der Frau hängt davon ab, ob sie einen Ehemann hat.

Wahrscheinlich wird jede:r bei diesem Klischee sofort an Dornröschen denken, die erst durch ihren Prinzen aus dem 100-jährigen Schlaf erwachte. Oder vielleicht denkst du an Cinderella, die sich nach drei durchzechten Nächten und einem ausgelatschten Schuh den Mann fürs Leben fand. Pocahontas wirft alle ihre Prinzipien für John Smith über den Haufen und Ariel opfert ihre wunderschöne Singstimme für eine prächtige Hochzeit.

Mulan ist trotz Emanzipation im Rollenklischée gefangen.

Wir finden hier vor allem das Disney-Märchen von Mulan interessant: Die junge Frau zieht in den Krieg, bekämpft die Hunnen und rettet den Kaiser von China mit Links. Danach jedoch wird sie zum unsicheren Mäuschen. Sie kehrt nach Hause zu ihren Eltern zurück. Sie hat zwar gerade das Land gerettet, aber wirklich glücklich ist sie erst, als sexy Li Shang sie heiraten will. Ehre ist out, Ehe ist in. 

Alladin
Alladins Jasmin ist die Schönheit in Person.

Klischee 2: Richtige Frauen sind schlank & sexy. Punkt.

In den letzten Jahren haben manche Disney-Autor:innen und Regisseur:innen versucht, ein wenig Diversität in das Aussehen der Disney-Protagonist:innen zu bringen. Das war allerdings von eher mäßigem Erfolg gekrönt. Noch immer sind die Prinzessinnen schön und die Prinzen hot as fuck. Aladdin und Jasmin sind da die krassesten, aber nicht die einzigen, Beispiele.

Merida sollt eigentlich mit den Klischées brechen

Als im Jahr 2012 der Film Merida (Original: Brave) in den Kinos anlief, gab die schottische Prinzessin ein ganz anderes Bild ab, als die Co-Regisseurin Brenda Chapman es geplant hatte. Ursprünglich war Merida nämlich als eine Art Amazone gemalt, mit echten Muskeln und einem breiten Kreuz. Kurz vor dem Release von Merida wurde die Animation aber noch einmal geändert. Ihre Haare wurden seidiger, ihre Taille kleiner und ihre Züge weiblicher gemacht. Wo eine starke und “echte” Heldin vorgesehen war, haben nun ebenfalls die Schönheitsstandards von Disney Einzug gehalten. 

Fiona - Shrek
Fionas Freundinnen sind alle Menschen – doch sie hat sich für ihren Mann in einen Oger verwandelt.

Klischee 3: Frauen folgen ihren Männern auf den Versen.

Starke Frauen gibt es bei Disney Mulan und Pocahontas sind nur einige Beispiele. Doch es entgeht uns keineswegs, dass die meisten Disney-Prinzessinnen einen Mann an ihrer Seite brauchen.

Shrek zeigt, dass selbst Ogerinnn einen Mann brauchen

Als Disney im Jahr 2006 Pixar übernahm, wanderte ein weiterer Klischeefilm in das Disney-Portfolio. Auch wenn bei Shrek schon einiges richtig gemacht wurde, wird auch hier dem Frau-Mann-Bild gerecht geworden – Bei Disney passen sich nämlich Frauen ihren Männern an. Fiona, Shreks Angebetete, ist als Mensch geboren, doch wird sie wegen eines Fluchs jede Nacht zum Oger. Als sie Shrek trifft, entscheidet sie sich dafür, ihre Ogergestalt für immer zu behalten.

Im zweiten Teil von Shrek wird der Spieß umgedreht – nun verwandelt sich Shrek zum Menschen, um Fiona zu gefallen und zu ihre zu passen. Hier wird versucht, das Rollenklischée zu zerstoßen, aber so ganz klappt das nicht. Noch immer wird den Zuschauenden klargemacht, dass man sich optisch ähneln muss, um zusammensein zu können. wmn ist der Meinung: Wirklich fortschrittlich wäre es, wenn beide (Shrek als Oger und Fiona als Mensch) in ihrer ursprünglichen und natürlichen Gestalt hätten weiterleben können – und dennoch zusammensein können.

Ariel und Ursula
In Ariel, die kleine Meerjungfrau, wird jedem auf den ersten Blick klar, wer böse und wer gut ist.(Photo: imago stock&people)

Klischee 4: Schöne Frauen sind gut, hässliche Frauen sind böse.

Gut und Böse sind bei Disney immer klipp und klar voneinander getrennt. Die Zuschauenden haben keine Mühen, das Wesen einer Figur zu erkennen, denn in den allermeisten Fällen bedeutet ein hässliches Äußeres auch innerliche Verkümmertheit.

Böse Frauen sind übergewichtig (wie Ursula in Ariel), total spießig (wie die gute Fee in Shrek) oder zu dünn (wie Yzma in Ein Königreich für ein Lama). Auch der Hunnenkönig bei Mulan sieht schrecklich aus, die böse Hexe bei Schneewittchen könnte mit ihrer Hakennase Oliven aufspießen.

Dunkelheit ist Böse

Ein weiteres Merkmal, an dem man Gut und Böse erkennt: Dunkelheit und Helligkeit. Dieses Stilmittel wird vor allem bei Der König der Löwen deutlich: Das geweihte Land ist Hell. Nur da, wo die Schatten sind, da ist es gefährlich. Zudem ist Scar, der böse Bruder von Mufasa dunkelhaarig. Im zweiten Teil von König der Löwen ist auch Kowu dunkel – Hier stellt sich allerdings später heraus, dass er gar kein übler Typ ist, auch wenn er von ‚dunklen‘ Löwen abstammt.

Mulan Songtext 2
Das Lied „Sei ein Mann“ fasst die Ansprüche an Männer aus Disney-Sicht zusammen.

Klischee 5: Männer sind stark, unabhängig und verfolgen eigene Ziele. 

In Die Schöne und das Biest werden die Bedürfnisse des Biests zu 100 % über die der schönen Belle gestellt. De junge Frau gibt für das Biest alles auf, was ihr lieb und teuer ist: Ihre Heimat, ihre Familie, ihre Freund:innen und ihre Freiheit. Das Biest muss die wahre Liebe finden, benimmt sich dabei aber wie eine offene Hose. Der Prinz, der hinter dem Biest steckt, ist gewalttätig, übergriffig, reizbar und fies. Trotzdem sind wir als Zuschauende gewillt ihm zu vergeben.

Denn Belle sieht etwas in ihm. Sie versucht, das selbstbezogene Biest zu verstehen. Sie unterstützt ihn nach anfänglichen Problemchen bei allem, was er sich vornimmt. Ihr Leben wird in diesem Film zur absoluten Nebensache. Belle ist die Protagonistin dieses Films und trotzdem ist ihre einzige Funktion, die anderen Charaktere zu retten, indem sie sich verliebt.

Schneewittchens böse Königin
Die böse Königin in Schneewittchen lässt jeden töten, der sie in puncto Schönheit schlägt. Bei dem Silberblick kann das nicht sonderlich schwierig sein.

Klischee 6: Sei schön, aber mach dir nichts aus deinem Aussehen.

Pocahontas ist mit ihrer schwarzen Mähne und ihrem durchtrainierten Körper die Disney-gewordene Männerfantasie. Und doch wirkt ihr knappes Outfit immer so, als hätte sie es sich gerade übergestreift – der Inbegriff von “Woke Up Like This”. Pocahontas schminkt sich nicht, sie ist einfach naturschön – gerade in Pocahontas Teil 2 wird das deutlich. Die junge Frau kommt nach London. Dort wird sie neu eingekleidet und fühlt sich komplett lächerlich in den viel zu engen Kleidern.

Auch Belle von Die Schöne und das Biest ist zwar als die Schöne bekannt; trotzdem ist sie sich ihrer Schönheit nur marginal bewusst. Beauty-Tipps und Kosmetik interessieren sie einfach nicht. Und selbst wenn sie darum weiß, ist es ihr vollkommen egal – deswegen will sie auch Gaston, den Schönling, nicht heiraten. 

Ein Blick auf das kleine Schneewittchen und die Männer fallen reihenweise in Ohnmacht. Ganz im Gegensatz dazu steht die böse Königin. Sie ist zwar schön, doch tatsächlich schaut sich den lieben langen Tag im Spiegel an und richtet jeden hin, der schöner sein könnte als sie. Ergo: Selbstverliebtheit ist der Inbegriff der Bosheit.

Die Eiskönigin
Wenn sich Kinder an einem Disney-Film ein Beispiel nehmen sollten, dann höchstens an Elsa in Die Eiskönigin. Sie ist stark und unabhängig.

Fazit – Die Disneywelt ist ein geschlossenes System

Disneys Rollenklischées mögen veraltet sein und spiegeln in den seltensten Fällen Aspekte einer modernen Gesellschaft wieder. Dies wahrzunehmen und zu kritisieren ist besonders wichtig.

Doch erinnern wir uns auch daran, dass Disney Märchenfilme produziert – ein Genre, das naturgemäß nicht die Moderne widerspiegelt. Solange wir diese Rollenklischées in anderen Filmen überholt wissen, ist Disney lediglich ein veraltetes Unterhaltungsmedium und nicht der Feind. Als Gute-Nacht-Geschichte eignen sie sich allemal!