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Venedig neu entdecken: Wie Corona „La Serenissima“ veränderte

Schon mal einen Schatten getrunken, in einem „Vaporetto“ geschippert oder „Cichetti“ probiert? Wenn nicht, wird es höchste Zeit nach Venedig zu reisen und zu erleben, wie „La Serenissima“ trotz oder gerade wegen Corona ihre Lebensfreude wiederfindet.

Venedig will nach der Corona-Pandemie wieder aufatmen.. © ESB Professional/Shutterstock.com
Venedig will nach der Corona-Pandemie wieder aufatmen.. © ESB Professional/Shutterstock.com

Venedig war jahrzehntelang der Touri-Hotspot schlechthin: Riesige Kreuzfahrtschiffe spuckten täglich abertausende Tagesurlauber auf die Piazza San Marco, die in überteuerten Restaurants von „La Serenissima“ nach Vino und Schnitzel verlangten – und dann kam Corona. Die Pandemie brachte den Tourismus der Lagunenstadt praktisch über Nacht zum Erliegen, aber auch der Lagune und ihren Bewohnern etwas Erholung. Mittlerweile hat die Regierung den Touri-Motor wieder angeschmissen, das aber gemäßigt und nicht auf der Überholspur. Die ersten Besucher wagen sich wieder in die „calli“ und entdecken ein Venedig, das wieder zu seiner heiteren Seele zurückfinden möchte.

Maske für den Mensch, Maulkorb für den Hund

Einer der schönsten Wege, um in die Stadt zu gelangen, ist – wie sollte es anders sein – mit dem Schiff. Von Punta Sabbioni aus können Tagestouristen, die in Jesolo ihr Ferienlager aufgeschlagen oder in Cavallino ihr Campingmobil geparkt haben, bequem in einer halben Stunde nach Venedig übersetzen. Die Boote der Linie 14 halten am Lido (Haltestelle S.M.E.) und am Markusplatz (San Zaccaria/Pieta). Die Nummer 15 hält nur bei San Marco. Tipp: Am besten bucht man zu den fälligen acht Euro einen kleinen Obolus dazu und kann dann mit dem Ticket auch die Wasserbusse („Vaporetti“) innerhalb von Venedig nutzen. Wichtig: Fahrgäste brauchen eine Maske (OP-Maske reicht) und Hunde einen Maulkorb.

Beides muss aufbleiben, sobald man Venedig betritt, bis auf Weiteres geht ohne die „mascherina“ in der Stadt nichts. Das kann unangenehm sein, gerade, weil die Sommerhitze dort besonders drückend ist. Doch die Seufzerbrücke („Ponte dei Sospiri“), die uns gleich beim Aussteigen rechterhand erwartet und der Blick um die Ecke des Dogenpalastes auf den Markusplatz lässt einen das lästige Übel schnell vergessen. Und noch etwas ist erstaunlich: Während man Boden und Mosaik des Platzes vor lauter Gesundheitssandalen in Tennissocken bisher nur erahnen konnte, ziehen nun nur wenige Italophile über den Platz. Auch die Schlange vor Dom und Dogenpalast hat ein sichtbares Ende.

Auf einen „Schatten“ ins „Bàcaro“ 

Wer etwas Schatten sucht, taucht am besten gegenüber des Doms in das dichte Geflecht aus Gassen („calli“) ein und steuert durch das Viertel von San Marco auf den Canal Grande zu. Viele Geschäfte haben sich trotz jahrelanger Touri-Schwemme die Tradition der langen Mittagspause bewahrt: Ab 13 Uhr ist man beim „pranzo“ und kehrt meist vor 15 Uhr nicht zurück – macht nichts, auch Schaufensterbummeln kann schön sein! Hungern muss man natürlich nicht. Obwohl sich das Prinzip des „Take away“ bei den Italienern wohl nie hundertprozentig durchsetzen wird, gibt es überall in der Stadt kleine Happen auf die Hand zu kaufen. Wer lieber sitzt, versucht es am besten mit „Cichetti“, kleine Häppchen, die an spanische Tapas erinnern und in traditionellen „Bàcari“ serviert werden. In diesen kleinen Schenken genießen Blaumänner, Gondolieri und Banker gleichermaßen einen „Ombra“, ein Feierabendwein, der wörtlich übersetzt Schatten bedeutet und ebenso zu Venedig gehört wie Löwe und Gondel.

„Fondaco dei Tedeschi“ bietet den perfekten Blick

Den perfekten Blick über Venedig hat man übrigens nicht vom Markusturm aus, sondern von der Dachterrasse des „Fondaco dei Tedeschi“. Das einstige „Warenhaus der Deutschen“ liegt direkt neben der Rialtobrücke und beherbergt heute Luxusmarken wie Bulgari und Christian Dior. Abseits davon kann man online einen kostenlosen Termin buchen, um für 15 Minuten auf die Terrasse zu gelangen und von dort aus den unbeschreiblichen Blick über die Stadt zu genießen. Das mag knapp bemessen klingen, doch länger als eine Viertelstunde hält man es in der venezianischen Sommerhitze sowieso nicht aus.

Alles in allem dürften viele Venezianer, die vom Tourismus leben, Urlauber wieder mit offenen Armen empfangen. Nichtsdestotrotz hat die Corona-Pandemie auch ihre Spuren bei „der Heiteren“ hinterlassen. Hoffen wir, dass sie ihr Lächeln zurückgewinnt.

(kms/spot)